A5, Autobahn, Verkehr, Nacht, © Pixabay (Symbolbild)

Parteien streiten um mögliches Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen

Landesverkehrsminister Winfried Hermann fordert, dass das Thema bei den Verhandlungen in Berlin eine größere Rolle spielen soll

Im zähen Ringen um die Eckpfeiler einer neuen Bundesregierung macht sich nun auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann für ein bundesweites Tempolimit auf Autobahnen stark. Seine Forderung vom Mittwoch (06.10.2021) an die Sondierungsrunden in Berlin begründet er dabei vor allem mit einer höheren Verkehrssicherheit für alle Beteiligten und das Ziel eines Straßenverkehrs ohne Verkehrstote und Schwerverletzte.

Um mehr Sicherheit auf den Straßen zu erreichen, sind aus Sicht des Grünen-Politikers Geschwindigkeitsbegrenzungen wie Tempo 130 auf der Autobahn unabdingbar. Das würden auch die Daten aus dem europäischen Ausland zeigen, wo es bereits durchweg solche Tempolimits gibt.

Mit dieser Forderung würden die Grünen auch keinesfalls alleine dastehen, so Hermann weiter. Eine breite Mehrheit in der Bevölkerung würde laut Umfragen hinter so einer Regel stehen und auch die SPD hatte das Thema beispielsweise in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl.

Union war bislang strikt gegen allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung, Grüne und zuletzt auch SPD dafür

Was dann am Ende im Koalitionsvertrag in Berlin stehen wird, kann heute aber noch niemand sagen. Bei den ersten Sondierungsgesprächen zwischen den Grünen und der Union zählte das geforderte generelle Tempolimit auf Autobahnen zu den absoluten Knackpunkten. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hatte hier allerdings zuletzt Gesprächsbereitschaft signalisiert. Auf die Frage, ob die Grünen einen Koalitionsvertrag mit CDU und CSU ohne Tempolimit unterschreiben würden, sagte er:

Ich halte nichts davon, einzelne Maßnahmen zur Bedingung zu machen, das verkompliziert die Verhandlungen und wird unserer Aufgabe nicht gerecht.

Eine kleine Überraschung zum Thema kommt vom ADAC: Eine jüngste Befragung der Mitglieder habe gezeigt, dass es auf keiner Seite der Autofahrer eine Mehrheit für oder gegen generelles Tempo 130 auf Autobahnen gebe, sondern dass sich beide Lager in etwa die Stange halten würden.

Eine Hälfte der ADAC-Mitglieder dafür, andere Hälfte dagegen

Grundsätzlich hatte der Automobilclub bislang naturgemäß eine sehr wohlwollende Haltung zur freien Fahrt auf den Autobahnen. Dort wo die Verkehrsdichte aber sehr hoch ist oder die Witterungsverhältnisse auf den Straßen schnelles Fahren riskant machen, befürwortet der ADAC auch eine eindeutige Tempo-Beschilderung. Geschwindigkeitsbegrenzungen könnten aus seiner Sicht in solchen Situationen sogar dazu beitragen, den Verkehrsfluss konsequenter aufrecht zu erhalten.

Mit der von Politik und inzwischen auch Industrie angepeilten Mobilitätswende könnte sich das Thema ohnehin schon bald von selbst erledigen, glaubt ADAC-Verkehrsexperte Andreas Müller auf baden.fm-Anfrage. Die allermeisten Elektroautos, die aktuell auf dem Markt erhältlich sind, sind vom Hersteller bereits von vorneherein temporeguliert.

Um die Reichweite des batteriebetriebenen Fahrzeugs aufrecht erhalten zu können, sind viele Modelle so eingestellt, dass sie nicht schneller als 140 oder 150 fahren können. Je mehr E-Autos also in den nächsten Jahren auf den Autobahnen unterwegs sind, desto weniger bräuchte es in der Praxis durchgängiges Tempo 130 - weil sowieso nicht viel schneller gefahren wird, so die Argumentation.

Hohes Tempo = höheres Risiko, aber nicht automatisch mehr Unfälle

Grundsätzlich ist Geschwindigkeit ein großes Thema, was Verkehrsunfälle angeht, sagt Polizeisprecher Jerry Clark vom Polizeipräsidium Freiburg: Wer langsamer fährt, gehe ein geringeres Risiko für Unfälle ein und wer mit höheren Geschwindigkeiten in einen Unfall verwickelt ist, habe auch ein höheres Risiko schwer oder lebensgefährlich verletzt zu werden.

Auf der A5 durch Baden kommt es aus Sicht der Ordnungshüter zu verhältnismäßig vielen Unfällen, weil hier auch viele Verkehrsteilnehmer unterwegs sind. Ganz oft wird dabei in der Unfallstatistik eine erhöhte Geschwindigkeit festgestellt, so Clark.

Allerdings seien die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten meist gar nicht automatisch so hoch - die meisten Crashs ereignen sich auf der Autobahn demnach im Berufsverkehr, im stockenden Verkehr oder bei plötzlich auftauchenden Stauenden. In diesen Situationen waren viele beteiligte Autofahrer bereits mit deutlich weniger als 120 km/h unterwegs, daher lasse sich die Schlussfolgerung "hohe Geschwindigkeit = mehr Unfälle" nicht so einfach ziehen.

Ein oft noch bedeutsamerer Faktor für Verkehrsunfälle sei seit Jahren das Thema Ablenkung am Steuer, beispielsweise wenn während der Fahrt telefoniert oder am Handy getippt wird oder der Blick anstatt auf der Fahrbahn auf der Stereoanlage oder den Borddisplays ruht.

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(fw) / dpa