Seniorenzentrum, Mühlehof, Steinen, Cafeteria, Seniorenheim, © Philipp von Ditfurth - dpa

Geimpfte Heimbewohner in Steinen dürfen ihr Café wieder gemeinsam nutzen

Der Fall aus Südbaden könnte eine Symbolwirkung auf andere Pflegeeinrichtungen im ganzen Land haben

Für die betreuten Bewohner des Seniorenzentrums Mühlehof in Steinen dürfte es ein großer Schritt zurück in Richtung Normalität und sozialer Teilhabe sein. Weil sie alle geimpft sind oder bereits eine Infektion mit dem Coronavirus überstanden haben, dürfen sie sich in Zukunft wieder in der Cafeteria der Einrichtung treffen und dort gemeinsam Zeit verbringen.

Dafür war der Anwalt des Zentrums mit einer Klage zuerst bis vor den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gezogen, anschließend sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht.

Nach einem komplexen Rechtsstreit und bundesweiter Aufmerksamkeit ist am Montag (12.04.2021) die Entscheidung gefallen: Zuerst hat das Seniorenheim dem Vergleichsvorschlag des VGH zugestimmt, der seit letztem Mittwoch im Raum stand. Jetzt willigt auf der anderen Seite auch das zuständige Landratsamt Lörrach in weiten Teilen ein. Die Behörde hatte sich dafür mit dem Sozialministerium in Stuttgart abgestimmt.

Senioren im Mühlehof dürfen nach Impfung oder überstandener Covid-19-Infektion wieder zusammen essen

Ursprünglich hatte der das Verwaltungsgericht Freiburg eine Öffnung der Cafeteria für geimpfte Bewohner während des Lockdowns in einer ersten Entscheidung noch abgelehnt. Der Verwaltungsgerichtshof war dieser Überzeugung auch in nächster Instanz gefolgt.

Dann kamen allerdings die Wissenschaftler vom Robert-Koch-Institut zu einer neuen Einschätzung: Sie gehen inzwischen davon aus, dass eine Impfung gegen das Coronavirus auch das Ansteckungsrisiko deutlich senkt. Deshalb gab es am Ende doch das Angebot an beide Seiten, einen Vergleich einzugehen und die Cafeteria in Steinen damit wieder als Gemeinschaftsraum zu betreiben.

Bis Mitternacht hatten Betreiber und Amt am Montag Zeit, in der Sache Stellung zu beziehen. Zunächst hatte es dabei noch Zweifel gegeben, ob der geschlossene Vergleich auch wirklich rechtssicher wäre. Inzwischen hat sich auch Landes-Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha (GRÜNE) noch einmal zu Wort gemeldet und gibt aus Sicht seiner Behörde grundsätzlich grünes Licht:

Wir sind an einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Einigung interessiert. Dabei gilt es, das Bedürfnis älterer geimpfter Menschen nach Normalisierung genauso im Blick zu behalten wie alle Erkenntnisse des Gesundheitsschutzes.

Luchas Ministerium hat am Montag weitere Freiheiten für geimpfte Bürger in Baden-Württemberg angekündigt. Die Einigung aus dem Kreis Lörrach könnte dabei Symbolcharakter im ganzen Südwesten haben und womöglich auch darüber hinaus:

Baden-Württemberg möchte vollständig Geimpften mehr Freiheiten anbieten

Geplant ist, dass nun in vielen stationären Betreuungseinrichtungen wieder mehr Besuche und Kontakte der Bewohner untereinander ermöglicht werden, wenn mindestens 90 Prozent von ihnen komplett durchgeimpft sind - so wie es in Steinen nach Angaben des Betreibers der Fall ist. Trotzdem sollen vor Ort weiter die üblichen Regelungen während der Pandemie gelten, wie eine Maskenpflicht oder das Testen von Besuchern.

Von den rund 900.000 Bewohnern in deutschen Pflegeeinrichtungen seien im Schnitt 80 bis 90 Prozent inzwischen gegen das Coronavirus geimpft, heißt es. In klassischen Pflegeheimen gelten sie rechtlich als eine Hausgemeinschaft. Beim betreuten Wohnen - wie im Mühlehof - stellen sie separate, Einzel-Haushalte dar. Dieser Unterschied könnte bei weiteren Entscheidungen zu möglichen Freiheiten für geimpfte Menschen noch wichtig werden.

dpa / (fw)