Schule, Grundschule, Kind, Eltern, Schulranzen, © Sebastian Gollnow - dpa (Symbolbild)

Was Eltern zu den Schließungen von Schulen und Kitas jetzt wissen sollten

+++Update+++

In Freiburg soll es ab Dienstag eine Notfallbetreuung für arbeitende Eltern aus besonders wichtigen Berufsgruppen geben. Einzelheiten dazu finden Sie in einem eigenständigen Nachrichtenbeitrag.

Für tausende Eltern in Südbaden heißt es jetzt über das Wochenende eine Lösung zu finden - Stichtag ist der Dienstag

Wie auch in mehreren anderen Bundesländern bleiben die Kitas, Kindergärten und Schulen in Baden-Württemberg landesweit bis nach den Osterferien geschlossen, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu erschweren. Das hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (GRÜNE) am Freitag (13.03.2020) angekündigt und spricht von einer vorgezogenen Verlängerung der Ferien.

Die Maßnahme startet erst ab kommendem Dienstag (17.03.2020), damit Eltern über das Wochenende zumindest etwas Zeit finden, um sich nach alternativen Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder umzusehen. Sollten am Ende tatsächlich alle Schulen und Kitas in ganz Deutschland geschlossen werden, wären mehr als 12 Millionen Kinder und ihre Familien betroffen.

Viele Mütter und Väter stehen aber auch schon so bereits vor einer ganz schönen Herausforderung. Einfach ohne zu fragen für die Betreuung der Kleinen daheim zu bleiben, kann auf der Arbeit zu ernsten Problemen führen. Denn das Infektionsschutzgesetz deckt eine Krankschreibung für die Kinderbetreuung nicht ab.

Diese 7 Punkte sollten betroffene Eltern jetzt genau kennen:

  • Einfach ohne weitere Absprachen und ungefragt zuhause bleiben, ist aus rechtlicher Sicht nicht drin. Elternteile müssen auf jeden Fall das Gespräch mit ihrem Chef suchen und dabei nachweisen, dass sie alle möglichen Anstrengungen unternehmen, einen Ersatz für die ausfallende Kinderbetreuung zu suchen.
  • In Deutschland gibt es kein Recht auf Homeoffice, viele Arbeitgeber bieten solche flexiblen Arbeitsmodelle inzwischen auch von sich aus an. Es kann sich daher lohnen, das Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung zu suchen.
  • Auch wenn sich ansonsten die Großeltern immer gerne anbieten, um auf die Kleinen aufzupassen, sollten sie momentan besser nicht zu Oma und Opa. Auch Virologen der Berliner Charité raten davon ab, weil ältere Menschen zu einer der größten Risikogruppen für eine Infektion mit dem Covid-19-Erreger gelten. Bisher scheint die Lungenkrankheit bei Kindern im bundesweiten Schnitt nicht so stark oder teilweise auch gar nicht auszubrechen. Trotzdem können sie den Erreger in sich tragen und im schlimmsten Fall Oma und Opa damit anstecken. Für diese könnte das am Ende schlimme Folgen haben.
  • Wenn das Kind krank ist, sieht der Gesetzgeber vor, dass Eltern bis zu zehn Arbeitstage zuhause bleiben dürfen, um den Nachwuchs zu versorgen. Alleinerziehende haben sogar einen Anspruch auf bis zu zwanzig Arbeitstage. Allerdings darf der Chef einen Nachweis darüber verlangen, dass das Kind auch wirklich krank und pflegebedürftig ist - im Zweifelsfall also ein entsprechendes Attest vom Kinderarzt.
  • Grundsätzlich darf auch ein einzelnes Elternteil in Ausnahmefällen zuhause bleiben, um sich um die Kinder zu kümmern, wenn der Kindergarten oder die Schule geschlossen hat und es keine andere Möglichkeit gibt, dass jemand anders auf das Kind aufpasst. Allerdings muss der Arbeitgeber darüber rechtzeitig informiert werden. In der Praxis finden sich dann häufig Lösungen wie Homeoffice, der Abbau von Überstunden oder unbezahlter Urlaub. Doch Achtung: Ganz ohne erbrachte Arbeitsleistung ist das jeweilige Unternehmen in der Regel auch nicht verpflichtet, Lohn zu zahlen. Wie das ganze im Streitfall vor dem Hintergrund Corona-Pandemie aussieht, dazu gibt es noch keine Rechtssprechung.
  • Für die Regel  "Ohne Arbeit auch kein Geld" gibt es eine Ausnahme im Bürgerlichen Gesetzbuch. Der Paragraf 616 BGB regelt, dass Arbeitnehmer weiterhin Gehalt beziehen können, wenn sie nicht verhältnismäßig lange ausfallen und selbst nichts dafür können, dass sie nicht zur Arbeit erscheinen. In der Realität schieben viele Tarif- und Arbeitsverträge dieser Ausnahme aber einen klaren Riegel vor. Einzelheiten stehen dann im jeweiligen Vertrag. In akuten Notfällen können solche Klauseln darin zwar ungültig sein, aber das kann im Falle eines Rechtsstreits Auslegungssache sein.
  • Bevor die Kinder mit zur Arbeit genommen werden, sollte auf jeden Fall vorher der Arbeitgeber um Erlaubnis gefragt werden.
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Elternbeirat sieht die Schulen im Land nicht ausreichend vorbereitet

Der Elternbeirat des Landes Baden-Württemberg ist geteilter Meinung, was die bevorstehenden Schließungen der Schulen und Betreuungseinrichtungen angeht. Während aus medizinischer Sicht größtenteils Verständnis für die Maßnahme herrscht, glauben die Elternvertreter, dass viele Schulen im Land gar nicht oder nur schlecht auf die kommenden Wochen vorbereitet sind.

Die Idee, den Unterricht oder bestimmte Lerninhalte einfach online zu stellen und dort per Videochat und Co. durchzuarbeiten, gilt als nur schwer umsetzbar. Die testweise Bildungsplattform "Ella" gilt aus Sicht der Eltern als gescheitert, nicht alle Aufgaben und Arbeiten können ohne entsprechende Netzwerke unter den Schülern verteilt werden.

Landesregierung plant Notfall-Kinderbetreuung für kritische Bereiche des öffentlichen Lebens

Was die Betreuungsseite angeht, hat Ministerpräsident Kretschmann für aktuell besonders stark ausgelastete Berufsfelder wie Krankenschwestern und Ärzte, Polizisten, Feuerwehrleuten und Angestellten aus weiteren kritischen Bereichen des öffentliche Lebens eine Notfallversorgung angekündigt. Dazu zählen nach Einschätzung der Landesregierung beispielsweise auch die Lebensmittelproduktion und Supermärkte, sowie Energie- und Wasserversorgung.

Landeskultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) rufte alle Beteiligten dazu auf, bei der Suche nach einer Lösung konstruktiv mitzuarbeiten. Insbesondere Lehrer seien nun für solche Notfall-Projekte gefragt, weil sie sich in der Zeit der Schulschließungen offiziell nicht im Urlaub befinden. Bevor es verpflichtende Vorgaben gibt, setzt das Kultusministerium hier aber erst einmal auf Freiwilligkeit.

Ob und wo Menschen aus anderen Berufsgruppen vielleicht doch noch ihre Kinder beaufsichtigen lassen können, wenn sie nicht von der Arbeit wegbleiben können, dazu sollen weitere Ideen in den nächsten Tagen folgen.

(fw) / (br) / dpa