Schloss Reinach, Rene Gessler, Johannes Gessler, © Stefanie Salzer-Deckert

Hotelbetreiber warnen vor hohem Tempo beim Ausbau der Betten in Freiburg

Gerade für viele Familienbetriebe wächst der Druck in der Branche immer schneller an

Der Tourismussektor rund um Freiburg boomt - für Gäste und Anbieter gleichermaßen könnte das aber nicht nur Vorteile mit sich bringen. Davor warnen jetzt erste Hoteliers aus Südbaden, darunter auch René (l.) und Johannes Gessler (r.) als Betreiber des Hotels "Schloss Reinach" in Munzingen. Aus ihrer Sicht ging der Ausbau der neuen Angebote für Übernachtungsgäste in Freiburg zu schnell, kritisieren sie im baden.fm-Interview am Mittwochabend (07.03.2018).

Die rund 2500 zusätzlichen Betten der letzten Jahre im gesamten Stadtgebiet (vor allem auch durch neue Ableger größerer Hotelketten) könnten demnach dafür sorgen, dass die Zimmerauslastung in vielen Betrieben noch weiter sinkt. Und das trotz des jüngsten Übernachtungsrekords vom Jahr 2017, wo über 1,5 Millionen Menschen länger als einen Tag in Freiburg geblieben sind. Im Schnitt lag die Auslastung in Freiburg trotzdem bei nur mäßigen 56,3 Prozent. Das ist zwar noch höher als zunächst befürchtet. Doch vor allem kleinere, oft familiengeführte Hotels sehen sich durch das schnelle Wachstumstempo aktuell unter massivem Zugzwang, vor allem, was weitere Investitionen angeht.

"Schloss Reinach"-Hotelier René Gessler berichtet aus seiner Praxiserfahrung, wie es um die Hotel- und Gaststättenbranche in Freiburg gerade steht und mit welchen Problemen die Betriebe zu kämpfen haben

Aus Sicht des Gastes klingt das zunächst positiv: Konkurrenz soll ja sprichtwörtlich das Geschäft beleben. Allerdings scheint genau das in Freiburg nicht so recht einzutreten.

Die regionalen Förderer der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) bestätigen auf baden.fm-Anfrage, dass es trotz der neuen Hotels zu keiner Profilierung in der Branche gekommen ist. Die eingesessenen Hoteliers befürchten, dass darunter am Ende alle Anbieter leiden könnten, da sie leichter in der Masse unterzugehen drohen. Aus FWTM-Sicht benötigt Freiburg wenn überhaupt, dann innovative Konzepte, wie etwa ein Weinhotel, ein spezielles Fahrradhotel oder ein neues Hostel für junge Besucher. Insgesamt soll vor allem das neue Tourismuskonzept die weitere Entwicklung des Standorts Freiburg steuern. Weiter heißt es in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt:

Dennoch sind die familienbetriebenen Hotels das Herzstück und Rückgrat der Freiburger Hotellerie  und überaus wichtig für Freiburg, da sie der Stadt ein Gesicht geben.

Das Suchen einer Nische ist dabei wichtiger denn je. So haben sich etwa auch die Gesslers seit der Übernahme des damals insolventen Hotels bewusst sehr breit aufgestellt. Wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga bereits seit Längerem bemängelt, fehlt es in Freiburg etwa an mittelgroßen Kongress- und Tagungsräumen - also für Businessveranstaltungen, die zu klein für Konzerthaus- oder Sick-Arena sind, aber gleichzeitig zu groß für die kleinen Sitzungsräume vieler Hotels. Hier versucht das Hotel in Munzingen eine Lücke zu schließen.

Gleichzeitig beherbergt der frühere Gutshof in Freiburgs Westen auch auch drei Restaurants mit verschiedenen Angeboten von der eher bodenständigen badischen Küche, über die italienische bis hin zum Michellin-Sternerestaurant.

Als die Betreiber das traditionsreiche Hotel 2008 vom insolventen Vorbesitzer übernommen haben, konnten sich viele der damals noch 40 verbliebenen Mitarbeiter keine richtige Zukunft mehr für das Unternehmen vorstellen.

Acht Millionen Euro haben René Gessler und sein Schwiegersohn Johannes seitdem in den letzten zehn Jahren investiert und wollten dabei vor allem auch ein Wir-Gefühl bei den Mitarbeitern schaffen. Inzwischen beschäftigen die beiden rund 140 Angestellte, auch die Umsätze haben sich nach eigenen Angaben vervielfacht. Als zusätzlichen Standort haben sie im Winter in Altglashütten ein neues "Black Forest Lodge" auf die Beine gestellt. Und als nächstes steht in Munzingen die Sanierung von 50 weiteren Zimmern an.

Mitarbeitermangel: Viele Hotels und Restaurants müssen zusätzliche Ruhetage einführen

Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der Hotel- und Gastrobranche war das alles kein leichter Weg: Inzwischen müssen auch in Südbaden immer mehr Gastronomen zusätzliche Ruhetage einführen, obwohl die Nachfrage der Kunden vorhanden wäre. Viele finden schlichtweg nicht mehr ausreichend Personal. Hinzu kommen aus Sicht der Wirte und Hoteliers die Erschwernisse durch unflexible Arbeitszeitregelungen. Was in der Theorie die Arbeitnehmer vor regelmäßigen 13-Stunden-Tagen schützen soll, macht den Einsatz von Köchen und Servicekräften etwa bei großen Hochzeitsfeiern zu einer großen Schwierigkeit.

Zur Folge hat der Fachkräftemangel, dass sich die Arbeitgeber gerade in der Tourismusbranche inzwischen deutlich mehr ins Zeug legen müssen, um Bewerber nicht nur ausfindig zu machen, sondern auch dauerhaft zu halten. Die Gesslers versuchen das nicht nur über die Bezahlung, sondern vor allem über Zusatzangebote wie eigene Personalwohnungen in Munzingen oder einer zusätzlichen Altersvorsorge für alle Mitarbeiter. Insgesamt liegen die Personalkosten hier über 40 Prozent - doch aus Sicht der Hoteliers muss die Branche zu solchen Investitionen bereit sein, um mit ihren Betrieben auch langfristig zukunftsfähig zu bleiben.

(fw)