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AfD versucht offenbar an die Daten kritischer Lehrer im Südwesten zu gelangen

Medien berichten von Plänen in insgesamt zehn Bundesländern

Die Alternative für Deutschland (AfD) möchte offenbar auch in Baden-Württemberg eine Meldestelle im Internet einrichten, über die kritische Lehrer an den Schulen im Südwesten gemeldet werden sollen. Entsprechende Pläne hat der bildungspolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Rainer Balzer in einer Mitteilung angekündigt.

AfD-Fraktion im Landtag beruft sich auf Neutralität an den Schulen

Dabei soll es um Pädagogen gehen, die sich kritisch gegenüber der Partei äußern oder aus ihrer Sicht gegen das schulische Neutralitätsgebot verstoßen. Als Anlass nennt Balzer in dem Schreiben, dass ihn täglich Beschwerden erreichen würden, nach denen sich Lehrer abfällig über bestimmte Parteien oder auch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump äußern würden. Nach seiner Ansicht hätten Schüler dabei oft gar nicht die Möglichkeit, dagegenzuargumentieren.

Sobald die Plattform in den nächsten Wochen in Betrieb geht, will die AfD die Meldungen bündeln und "gegebenenfalls mit der Lehrkraft und der aufsichtsführenden Behörde ein Gespräch suchen", heißt es.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnt vor einem "offenen Denunziantentum"

Bei Landeskultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) schrillen bei diesen Plänen regelrecht die Alarmglocken. Sie hält die Pläne für demokratieschädlich und spricht von einer "Denunziationsplattform", wenn Schüler und ihre Eltern dazu angestiftet werden sollen, Pädagogen anzuschwärzen.

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann kritisiert das Vorhaben als "Bausteine ins Totalitäre". Noch deutlicher wurde Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU), wo ähnliche Vorhaben gerade für heftige Diskussionen sorgen. Er sagte:

Das ist eine ekelhafte Gesinnungsschnüffelei, wie man sie noch aus Zeiten der Nazi-Diktatur oder von der Stasi kennt.

Auch Kultusministerkonferenz, Gewerkschaften und Lehrerverbände befürchten, dass die AfD über die Plattformen vor allen Dingen versucht, an die Daten kritischer Lehrer zu gelangen - möglicherweise, um sie einzuschüchtern oder Gegenstimmen genauer im Auge zu behalten.

Lehrer haben die klare Aufgabe, kritisches Denken zu fördern

Lehrer haben in Deutschland die Aufgabe, diskriminierende, rassistische oder demokratiefeindliche Positionen in der Gesellschaft mit den Schülern aufzuarbeiten und dabei ihr kritisches Denken zu stärken. Dabei müssen sie nach geltendem Konsens innerhalb des Unterrichts parteipolitisch zwar neutral bleiben, haben aber die Pflicht zum demokratischen Diskurs und auf mögliche Gefahren hinzuweisen. Ganz Grundsätzlich steckt dahinter die Aufgabe, die Kinder und Jugendlichen im Geiste der Demokratie, Menschenwürde und Gleichberechtigung zu erziehen. 

Die dafür notwendige Überparteilichkeit ist nicht mit Wertneutralität zu verwechseln, betont in diesem Zusammenhang auch die Landeszentrale für politische Bildung am Mittwoch (10.10.2018) in einer schriftlichen Mitteilung. Dort heißt es weiter:

Wenn ein amerikanischer Präsident pauschal über einzelne Bevölkerungsgruppen herzieht, die Unabhängigkeit von Richtern infrage stellt, Wahlergebnisse zu seinen Ungunsten nicht anerkennen will oder kritische Medien am liebsten verbieten würde, dann ist dies im Gemeinschaftskundeunterricht im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung selbstverständlich kritisch zu beleuchten. Dasselbe gilt auch für politische Parteien, die Antisemiten in ihren Reihen dulden, erkennbare personelle Überlappungen in die rechtsradikale und rechtsextremistische Szene aufweisen und deren Abgeordnete bei Demonstrationen mitlaufen, bei denen offen der unter Strafe stehende Hitler-Gruß gezeigt wird.

In Hamburg ist eine entsprechende Onlineplattform der AfD bereits versuchsweise in Betrieb. Unzählige Scherz- oder Falschmeldungen haben der Fraktion die anschließende Auswertung dabei deutlich erschwert.