Taschenrechner, Bilanzen, Arbeit, Wirtschaft, © Pixabay (Symbolbild)

Was hinter Kurzarbeit steckt und was sie für den Einzelnen bedeutet

Kurzarbeit – was bedeutet sie und welche Hilfen kann ich als Betroffener erhalten? 

Die Schließung vieler Geschäfte, Restaurants, Fabriken und Unternehmen in den letzten Tagen soll auch in Südbaden dazu beitragen, die laufende Coronavirus-Pandemie zu verlangsamen, um dem Gesundheitssystem mehr Zeit zu verschaffen. Gleichzeitig sehen sich nun unzählige Betriebe in ihrer Existenz gefährdet.

Um die wichtigsten Bereiche weiter am Laufen zu halten und die dramatischen wirtschaftlichen Folgen ein Stück weit abzuschwächen, hat die Bundesregierung die Regelungen zum Kurzarbeitergeld angepasst. Die Bundesregierung erwartet, dass 2,15 Millionen Menschen das aufgrund der aktuellen Lage beanspruchen werden.

Viele Firmen versuchen nun ihre Mitarbeiter mittelfristig zu halten und gleichzeitig Kosten zu sparen, indem in einigen Geschäftsbereichen Kurzarbeit angemeldet wird. Was das für den Einzelnen überhaupt bedeutet, möchten wir an dieser Stelle versuchen zu klären.

Was bedeutet „Kurzarbeit“? 

Kurzarbeit ist eine unternehmerische Maßnahme, mit welcher Arbeitgeber versuchen können Krisenzeiten zu überbrücken ohne Angestellten kündigen zu müssen. Konkret funktioniert das so, dass ein Unternehmen, bei einer Auftragsflaute oder anderen wirtschaftlichen Einschränkungen alle oder einen Teil seiner Beschäftigten in Kurzarbeit schickt.

Die Betroffenen arbeiten für den Zeitraum der Krise nur noch wenig oder gar nicht. In dieser Zeit bezahlt der Arbeitgeber den Angestellten ein sogenanntes Kurzarbeitergeld, welches im Rahmen des geltenden Arbeitsrechts definiert ist. Meist sind Kurzarbeitergeld und -stundenzahlen im Arbeitsvertrag festgelegt 

Wer bezahlt das Kurzarbeitergeld und welche Voraussetzungen gelten? 

Kurzarbeitergeld zählt zu den Leistungen der Arbeitslosenversicherung und wird somit von der Agentur für Arbeit gezahlt. Hierbei gelten folgende Voraussetzungen: Ein Arbeitgeber kann Kurzarbeit beantragen, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall auftritt.

Dieser Ausfall kann durch wirtschaftliche Gründe oder unabwendbare Ereignisse (z.B. eine Pandemie) ausgelöst werden. Bevor das Unternehmen Kurzarbeit beantragen kann muss es versucht haben den Arbeitsausfall, durch Urlaubsgenehmigungen oder Überstundenabbau abzuwenden/einzudämmen.

Wie viel Lohn bekommt ein Angestellter in Kurzarbeit? 

Unterschiedlich. In den meisten Fällen beträgt das Kurzarbeitergeld rund 60 bis 67 Prozent des Nettolohns. Hinzukommen können Zuschläge zum Beispiel durch Kinder oder andere Faktoren. Bei Kurzarbeit gilt nicht das „normale“ Nettoeinkommen, sondern ein pauschalisiertes Nettoeinkommen, welches von der Agentur für Arbeit festgelegt wird. Ein Beispiel:   

Bruttoarbeitsentgelt 

Rechnerische Leistungssätze der Bundesagentur für Arbeit  
nach Lohnsteuerklasse 

2.230 bis 2.250 € 

Leistungssatz 

I / IV 

II 

III 

V 

VI 

1 

1.040 € 

1.070 € 

1.183 € 

861 € 

839 € 

2 

931 € 

958 € 

1.060 € 

771 € 

751 € 

 Die Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes finden Sie auf der Seite der Agentur für Arbeit.

Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt und muss es versteuert werden? 

Ein Jahr lang, also für bis zu 12 Monate bezahlt die Arbeitsagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld. Die Bundesregierung kann den Zeitraum aber per Rechtsverordnung auf 24 Monate verdoppeln.  
Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei muss aber in der Steuererklärung angegeben werden. Alle Zuschüsse des Arbeitsgebers während der Kurzarbeit sind, nach geltenden Auflagen steuerpflichtig. 

Corona und die Kurzarbeit? 

Wegen der aktuellen Corona-Pandemie will die Bundesregierung die Regelungen der Kurzarbeit ändern. So soll Kurzarbeitergeld gezahlt werden, sobald 10 Prozent der Beschäftigten in einem Betrieb mindestens 10 Prozent weniger Lohn bekommen. Außerdem sollen auch Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter berücksichtigt werden. Auch müssen Arbeitszeitkonten nicht erst ins Minus laufen bevor Kurzarbeit beantragt werden darf. Die Agentur für Arbeit erstattet den Unternehmen zur finanziellen Unterstützung die Sozialversicherungsbeiträge.

An der beschlossenen Verordnung für all das gibt es aber auch schon Kritik. So bemängelt der Deutsche Gewerkschaftsbund in Rheinland-Pfalz und dem Saarland die neuen Regeln als unzureichend. In Branchen wie der Metall- und Elektroindustrie gibt es etwa tarifvertragliche Zuschläge auf das Kurzarbeitergeld. In vielen anderen Bereichen ohne solche Tarifverträge stocken die Firmen hingegen nicht auf. Das Nettoeinkommen für den Einzelnen sinkt dann spürbar, so die Befürchtung.

Welche Gefahren und Probleme lauern in der Kurzarbeit? 

Während einige Menschen in Südbaden ihrer Arbeit weiterhin normal nachgehen können, entweder da sie zu systemrelevanten Gruppen gehören oder im Homeoffice arbeiten, gibt es viele deren Arbeitsstellen vorrübergehend schließen mussten.

Die Betroffenen müssen darauf hoffen, dass auch ein 60 Prozent-Kurzarbeitergeld reicht, um alle laufenden Kosten zu decken. Unter anderem Gewerkschaften fordern hier Unterstützung, zum Beispiel durch Erhöhung des Kurzarbeitergeldes und einem Aussetzen von Strafen bei nicht gezahlten Rechnungen von Miete, Strom, Gas und mehr.

Dringend benötigt werden auch Unterstützungen für Selbstständige deren Einkommen von einem Tag auf den anderen durch fehlende Aufträge oder Geschäftsschließung wegbricht. Diese bekommen keine Kurzarbeit und müssen auf Hartz IV zurückgreifen, welches schwierig zu beantragen ist bei geschlossenen und überlasteten Arbeitsagenturen. 

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 (mt)