Sonne, Sommer, Frühling, Natur, Wald, Baumkronen, Baum, Bäume, © Uli Deck - dpa (Symbolbild)

Waldbaden ist ein gesunder Ausgleich – und mehr als Spazieren gehen

Gesunder Gang in die grüne Lunge der Welt

Trend, Wohlfühlspaziergang, Gesundheitsprophylaxe: Waldbaden ist mehr, als nur durch die grüne Lunge der Welt zu streifen und die frische Luft zu genießen. Das bewusste Wahrnehmen und Erspüren der Natur hält Körper und Seele gesund. Auch die Wissenschaft ist sich einig: Waldbaden ist ein aktiver Beitrag für körperliches und seelisches Wohlbefinden.

Die Kunst des Waldbadens kommt, wie so viele für die westliche Medizin so abstrakt wirkende Ansätze zur Gesundheitsvorsorge, im asiatischen Raum - genauer in Japan. Shinrin-Yoku, japanisch für „Baden im Wald“, nennt man dort den bewussten Gang ins Grüne, der im Land der aufgehenden Sonne als Bestandteil eines gesunden Lebensstils gepriesen wird. Den Begriff hat das japanische Forstministerium im Jahre 1982 geprägt. Shinrin-Yoku bedeutet, mit allen Sinnen in die Stille und Unberührtheit des Waldes einzutauchen. "Die Kunst des Waldbadens ist die Kunst, sich durch alle Sinne mit der Natur zu verbinden", beschreibt etwa Dr. Qing Li, ein japanischer Forscher, der zahlreiche Studien über die Auswirkungen des Waldbadens auf den Menschen angeleitet hat. An japanischen Universitäten ist Waldmedizin ein anerkanntes Forschungsgebiet.

In Japan anerkanntes Forschungsgebiet

Seit Jahrzehnten untersuchen Wissenschaftler die Auswirkungen, die ein Aufenthalt im Wald auf Psyche und Physis hat. Demnach verbessert bereits ein kurzes Waldbad Atmung, Puls und Blutdruck. Mediziner verschreiben gegen Burnout oder Herzkreislauf-Erkrankungen eine Waldtherapie. In Japan ist das nicht ungewöhnlich - hierzulande lassen solche Ansätze staunen.

Wichtig sei es, sich beim Waldbaden mit allen Sinnen auf die Natur einzulassen, den Wald mit allen Sinnen wahrzunehmen: Das Rauschen der Blätter, der Gesang der Vögel, der Duft nach Kräutern, frischem Gras und feuchtem Waldboden - das alles gelte es, in sich aufzunehmen. weiß Angela Weinfurter vom Naturschutzbund Nabu, die geführtes Waldbaden anbietet. Sie gebe Fingerzeige, wie Wald am besten aufzunehmen sei, sagt sie: "Damit sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen fallenlassen und unbeschwert eintauchen können."

Auf Ablenkungen sollte man beim Waldbaden möglichst verzichten, das Handy zum Beispiel ausschalten. Es geht darum, sich achtsam durch den Wald zu bewegen. Die Geräusche und die Düfte wahrzunehmen. Was fühle ich? Wie fühlt sich der Boden unter meinen Füßen an, die Rinde eines Baums? Ist sie glatt? Ist sie rau? Ist sie kalt oder warm? Häufig praktiziert wird auch eine sogenannte Gehmeditation. Dabei nimmt man jeden Schritt ganz bewusst wahr, atmet vor dem einen Schritt ein und vor dem nächsten wieder aus. Die beruhigende Wirkung ist auch wissenschaftlich nachgewiesen. 

Kein Ersatz für Medikamente

Man vermutet, dass die therapeutische Wirkung des Waldes auf Körper und Seele auf Terpenen beruht, den wichtigsten Ingredienzen ätherischer Öle, die aus Rinde und Blättern von Bäumen, Sträuchern und anderen Pflanzen ausdünsten. Nimmt der Mensch sie über Haut und Lunge auf, beruhigt sich der Sympathikus, ein Teil des vegetativen Nervensystems, der in Stresssituationen Flucht- und Kampfreaktionen steuert.

Insbesondere bei Schlafstörungen, depressiven Gedanken, psychischen Belastungen oder der Aufmerksamkeitsstörung ADHS wird dem Waldbaden eine wohltuende Wirkung attestiert, erläutert Gisela Immich, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Allerdings können dadurch weder Medikamente noch eine Psychotherapie ersetzt werden", präzisiert sie: "Waldbaden wirkt rein präventiv, ist also eine Maßnahme allgemeiner Gesundheitsvorsorge." Zurzeit arbeite ihr Lehrstuhl an einem Kriterienkatalog für Kur- und Heilwälder.

Von Krankenkassen hierzulande wird das Waldbaden noch nicht als Form der Therapie oder Gesundheitsvorsorge anerkannt und dementsprechend nicht übernommen.

(br/nabu)