Freiburg, Martinstor, Innenstadt, Altstadt, Tourismus, Wahrzeichen, © baden.fm (Symbolbild)

So möchte Freiburg künftig wieder mehr Besucher in seine Innenstadt locken

Geplant sind unter anderem auch fünf Familiensamstage mit kostenlosen Bus- und Bahnfahrten im Stadtgebiet

Mit einem neuen Konzept und vielen Einzelmaßnahmen möchte die Freiburg Stadtverwaltung noch in diesem Jahr damit beginnen, die Innenstadt für Besucher und Einheimische attraktiver zu machen.

Oberbürgermeister Martin Horn, Finanzbürgermeister Stefan Breiter und Stadtmarketing-Chefin Hanna Böhme von der FWTM haben ihr gemeinsame Gesamtstrategie am Montag (18.07.2022) erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, bevor der Gemeinderat in einem nächsten Schritt darüber abstimmen muss.

Wie alle Beteiligten betonen, sei das Konzept in gegenseitiger Absprache mit den Einzelhändlern und Gastronomen in der Freiburger Innenstadt entstanden. Diese hatten zuvor nicht zuletzt wegen den massiven Geschäftseinbußen seit der Corona-Pandemie vor einem Innenstadt-Sterben in Freiburg gewarnt und von der Kommunalpolitik schnell Unterstützung gefordert.

Durch die Konkurrenz des Onlinehandels seien viele Läden ohnehin schon schwer angeschlagen gewesen, die Einschränkungen der letzten zwei Jahre, aber auch die vielen Demos in der Innenstadt und weitere Faktoren wie steigende Parkgebühren hängen aus Sicht vieler Händler über ihrer wirtschaftlichen Existenz wie ein Damoklesschwert.

Stadt hofft auf schnelle finanzielle Unterstützung durch den Bund - stellt sich aber auf bürokratischen Aufwand ein

Kommen soll die dringend benötigte Hilfe nun in Form eines 1,18 Millionen Euro schweren Förderpakets, das Stadt und FWTM beim Bund beantragen möchten und dafür gerade mitten in Gesprächen sind. Läuft alles nach Plan ab, könnte im September 2022 als Best-Case-Szenario bereits eine Förderzusage vorliegen.

Gleichzeitig gestaltet sich der Weg dorthin sehr komplex und schwierig, so warnte unter anderem bereits der Hanauer Oberbürgermeister bei einem ähnlichen Versuch vor einem "Bürokratiemonster" und zu langsamer Freigabe der versprochenen Gelder, zitiert Horn seinen Amtskollegen.

Wirtschaftsfördererin Böhme plant dabei mit knapp 300.000 Euro in Eigenleistung zu gehen, das Geld stammt dabei zu großen Teilen aus den Einnahmen der so genannten Freiburger Bettensteuer - einer Übernachtungspauschale, die in der Stadt bei privaten Aufenthalten über Nacht fällig wird.

Grundsätzlich gehe es darum, die Innenstadt wieder stärker erlebbar und auch erreichbar zu machen, erklärt Bürgermeister Breiter - das sei in den Gesprächen, aber auch in Umfragen und Studien der starke Wunsch von Einzelhandel und auch den Kunden gewesen. Gleichzeitig stehen die historischen Innenstädte in ganz Deutschland vor weiteren Herausforderungen wie dem Klimawandel und neuen Erwartungen neuer Generationen. Keine neuen Erkenntnisse, aber aus Sicht der Stadtverwaltung eine klare Handlungsaufgabe.

Dauerhafter Gratis-Nahverkehr wäre schon allein aus Kostengründen in Freiburg kaum machbar

Daher soll gleich ein ganzer Katalog an Maßnahmen dafür sorgen, die Freiburger Innenstadt wieder zu einem Anziehungspunkt zu machen, der auch Menschen aus dem Umland gerne den Weg auf sich nehmen lässt. Das beginnt bei der Anreise. Freiburg setzt hier stark auf seinen öffentlichen Nahverkehr, so ist bei der Pressekonferenz am Montag nichts über die Forderung des Einzelhandels nach zusätzlichen Parkhäusern für Autofahrer zu hören.

Dafür nimmt die Stadtspitze bei ihrem Konzept erstmals den Begriff "kostenloser ÖPNV" in den Mund - also das kostenlose Benutzen von Bussen und Bahnen, um mehr Menschen in die Stadt zu locken. So waren die beiden bisherigen Freifahrt-Samstage vor der Pandemie nach Angaben der Innenstadt-Händler bisher die umsatzstärksten überhaupt.

Geplant sind hier spezielle Familiensamstage, zu denen die Freiburger Verkehrs AG die Fahrgäste auch ohne Ticket mitnehmen und von A nach B befördern soll. Doch wer nun auf regelmäßige Shoppingtouren komplett mit dem Nahverkehr hofft, könnte enttäuscht werden: Im verbliebenen Jahr 2022 sind zunächst zwei solcher Spezialtage geplant - im gesamten Jahr 2023 werden es voraussichtlich nicht mehr als drei werden.

Und im Gegenzug fallen dafür auch die geplanten verkaufsoffenen Sonntage weg. Der Einzelhandel selbst sei mit dieser Bitte auf die Stadt zugekommen, weil sich durch den Krieg in der Ukraine und die Inflation die Personalsituation vieler Geschäfte massiv angespannt habe und auch Gewerkschaften in der aktuellen Lage beim Handel keinen Spielraum für zusätzliche Schichten der Beschäftigten am Ruhetag sehen.

Dass andere Städte wie Tübingen in der Praxis beweisen, dass kostenloses Bus- und Bahnfahren an Samstagen prinzipiell möglich ist, möchte Horn als Argument nicht gelten lassen: Dort hatte der Gemeinderat 2018 zunächst vorübergehend nach dem Wegfall von Parkplätzen 200.000 Euro pro Jahr für Gratis-Busfahrten beschlossen. Und wegen der hohen Nachfrage behält die Neckar-Alb-Stadt das auch bis heute bei, selbst als die Corona-Pandemie das Fahrgastaufkommen massiv geschmälert hat.

Vor allem die Dimensionen lassen sich aus Sicht der Freiburger Stadtoberhäupter aber kaum vergleichen: So würde ein einziger kostenloser ÖPNV-Samstag den städtischen Haushalt in Freiburg bereits rund 44.000 Euro kosten. Darüber hinaus sei schon durch das 9-Euro-Ticket aus Sicht der eine vermeintlich unverhältnismäßige Erwartungshaltung entstanden, dass Nahverkehr in der Stadt nicht viel kosten dürfe. In der Realität reißen die allermeisten Verkehrsbetriebe in Deutschland aber riesige Löcher in die städtischen Haushaltskassen, sodass bei diesem Anspruch eine völlig neue Finanzierung durch die Politik her müsste, so Horn.

Von Park-Umgestaltung über Fashion Days bis hin zu Weltstars auf dem Münsterplatz

Im Konzept geht es deshalb vor allem darum, auch das Innenstadt-Erlebnis selbst wieder stärker hervorzuheben. So versprechen sich alle Beteiligten etwa von einer Umgestaltung des noch nicht so sehr genutzten Colombiparks große Wechselwirkungen für die Innenstadt als Ganzes.

Über den Innenstadt-Koordinator konnten außerdem konkrete Projekte wie die Freiburger "Fashion Days" im September in die Wege geleitet werden, darüber hinaus seien zusätzlich zur laufenden dritten Tourismus-Restart-Kampagne der FWTM auch After-Work-Markets mit einem verlängerten Münstermarkt oder die Etablierung weiterer Pop-Up-Stores.

Die ersten dieser Sofortmaßnahmen konnten auch bereits in den vergangenen Monaten umgesetzt werden, betont Böhme. Für sie gehören zu einem Innenstadt-Besuch aber ganz vielfältige Eindrücke, von speziellen Aktionen der Läden über die Straßenmusik in den Gassen der Altstadt bis hin zu neuartigen Events mit Strahlkraft.

Vor diesem Hintergrund lässt sich auch eine neue Großveranstaltung einordnen, die internationale und deutschlandweite Stars aus Rock & Pop auf eine Bühne vor das Freiburger Münster bringen soll. Gleich mehrere namhafte Eventagenturen befinden sich nach baden.fm-Informationen bereits in Abstimmung mit der Stadt und ihren Ordnungsbehörden, um eine neuartige Konzertreihe im Herzen der Altstadt auf die Beine stellen zu können.

Ziel dabei sei es, auch die umliegenden Hotel- und Gastronomiebetriebe in das Event miteinzubeziehen, beispielsweise, indem die Gäste über halbhohe Zäune die Auftritte bei einem Essen auf den vorhandenen Außenbewirtungsflächen verfolgen können.

Dass die Nachfrage nach solchen Erlebnissen groß sei, würden die jüngsten Besucherrekorde in Freiburg etwa beim Weinfest zeigen oder am Wochenende auch entlang des Flückiger Sees in Betzenhausen beim Freiburger Seefest.

Gleichzeitig soll der Besuch der Freiburger Innenstadt auch mit den Schlagworten "sicher" und "sauber" verknüpft werden. Das geplante Gesamtstrategiekonzept beinhaltet deshalb auch zusätzliche Mülleimer an Hotspots, eine stärkere Reinigung bestimmter Flächen durch die Abfallwirtschaft & Stadtreinigung, sowie einen verstärkten Einsatz kommunaler Ordnungshüter. Nicht zuletzt sollen aber auch mehr Grünflächen in der Stadt einen willkommenen Kontrast zu Asphalt und Kopfsteinpflaster bieten und gerade im Sommer auch für ein angenehmeres Stadtklima sorgen.

"Z'Friburg in de Stadt, sufer isch's un glatt"

Ob diese Maßnahmen am Ende ausreichen, um zumindest die Freiburger Innenstadt wieder stärker zu dem Anziehungspunkt zu machen, wie viele es noch aus den 90er- und 2000er-Jahren kennen, darf bei aller Liebe zum Detail hinterfragt werden. Zumindest scheinen Stadtverwaltung und Händler mit dem neuen Konzept an einem Strang zu ziehen und haben die Stärken eines Innenstadtbesuchs nicht nur herausgearbeitet, sondern konkrete Ideen, wie sich diese im Alltag für noch mehr Menschen direkter erlebbar werden lassen.

Am Ende wird es auch eine Frage sein, ob mit Maßnahmen wie einem Ausbau der Park- & Ride-Plätze, wieder mehr Menschen aus dem Umland und dem gesamten Dreiländereck in Freiburgs historische Altstadt zu locken oder ob die Ideen vor allen Dingen nur den Besuchern zu Gute kommen werden, die ohnehin bereits gerne regelmäßig einen Fuß in die Stadt zum Shoppen, Schlemmen und Genießen setzen.

(fw)