Kinder, Schule, Schüler, Grundschule, Grundschüler, Schulranzen, Schulrucksack, Rucksack, Ganztagsbetreuung, Betreuung, © Soeren Stache - dpa-Zentralbild / dpa

Rund 12.000 Fachkräfte fehlen für die Ganztagesbetreuung von Grundschülern

Eine neue Studie schlägt jetzt Alarm, denn schon in wenigen Jahren haben Eltern darauf einen Rechtsanspruch

Eltern eines Grundschulkindes haben hierzulande schon bald ein Recht auf Ganztagsbetreuung. Seit Dienstag (05.07.2022) schlägt nun aber eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung Alarm. Sie kommt zu dem Ergebnis: Wenn die Politik nicht bald handelt, bleibt das ein leeres Versprechen. Denn schon jetzt fehlen im Südwesten tausende Fachkräfte, nicht nur in den Kitas, sondern auch bei der Ganztagsförderung.

In ihrem "Fachkräfte-Radar" warnt die Stiftung vor einer Lücke von mehr als 12.000 fehlenden Fachkräften in Baden-Württemberg. Aktuell nutzen rund 45 Prozent aller Kinder im Grundschulalter bestehende Ganztagsangebote, weitere 16 Prozent so genannte Übermittagsangebote bis spätestens 14:30 Uhr.

Würden nun ab 2026 wie gesetzlich zugesichert alle Eltern ihren Betreuungsanspruch nutzen, müsste sich die Zahl der verfügbaren Beschäftigten mehr als vervierfachen. Bislang rechnet das Land mit rund 3.000 neuen pädagogischen Fachkräften bis zum Jahr 2030.

Enge Personallage bei Ganztagsangeboten an den Schulen wie an den Kitas

Die Studie spielt dabei sechs verschiedene Szenarien durch, wie sich die Situation weiter entwickeln könnte und plant dabei verschiedene Gegenmaßnahmen mit ein. Doch in allen davon ist bis zum Jahr 2030 im Südwesten eine erhebliche Fachkräftelücke zu erwarten, sagen die Experten.

Ein drohendes Dilemma sehen sie bereits bei der Ausbildung der angehenden Betreuer: Um das fehlende Personal zu schulen, müssten erst einmal zusätzliche Lehrkräfte ausgebildet werden und das noch rechtzeitig.

Um auf die Personalstärke zu kommen, die es am Ende bräuchte, müssten "lange Herstellungshorizonte" eingeplant werden. Und dass sich die angehenden Fachkräfte am Ende für die Ganztagegsbetreuung entscheiden, ist auch nicht gesagt: Denn auch bei den Kitas im Land fehlen in den kommenden Jahren mindestens 33.000 weitere Erzieherinnen und Erzieher.

Gewerkschaften und Verbände wollen Image und Arbeitsbedingungen stärken

Die Unternehmer Baden-Württemberg bemängeln, es gebe zwar mehr Ausbildungsplätze, das reiche aber nicht aus. Deshalb müssten nach ihrer Ansicht auch Quereinsteiger ausgebildet und Erzieher aus dem Ausland gewonnen werden. Und dafür bräuchte es unter anderem auch eine Imagekampagne für die Erziehungsberufe.

In die gleiche Richtung zielt auch der Vorstoßdes Verbands Bildung und Erziehung, dessen Landesvorsitzende Gerhard Brand zu der Misere sagt:

Wir müssen jungen Menschen den Beruf des Erziehers und der Erzieherin wieder näherbringen durch bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen.

Er rechnet allerdings auch nicht damit, dass wirklich alle Eltern ihren Rechtsanspruch in der Realität auch wahrnehmen werden. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di erwartet vom Land hingegen eine langfristige Fachkräfteoffensive.

Der Gemeindetag kritisiert die Schrittfolge beim Rechtsanspruch: Es könne nicht sein, dass zuerst ein gesetzlicher Anspruch festgelegt werde, es dabei aber völlig ungeklärt bleibe, ob und wie dieser erfüllt werden kann. Die Politik müsse hier beim Betrachten der Realität beginnen.

(fw) / dpa