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Notbremse und ein Stopp des öffentlichen Lebens zu Ostern

Bund und Länder beschließen drastische Einschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus

Die Corona-Zahlen steigen – die geltenden Regeln werden verschärft. Ostern soll um zwei Ruhetage ergänzt werden, um das Land und damit das Virus wenigstens kurz zum Stillstand zu bringen.

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen haben Bund und Länder eine Verschärfung der geltenden Beschränkungen beschlossen. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Nacht zum Dienstag in Berlin mitteilte, soll in Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 die sogenannte Notbremse gezogen werden, Öffnungen sollen also zurückgenommen werden. Zudem beschlossen die Regierungschefs eine "erweiterte Ruhezeit" zu Ostern.

Keine Präsenzgottesdienste zu Ostern und Stillstand des öffentlichen Lebens

Der Gründonnerstag (01.04.2021) und der Karsamstag (03.04.2021) sollen zu einmaligen Ruhetagen erklärt werden, so dass das Land vom 1. April bis zum Ostermontag am 5. April komplett herunterfährt.

Nur am Karsamstag solle der Lebensmittelhandel "im engeren Sinne" öffnen dürfen, erläuterte Merkel. Daneben sollen nur Impf- und Testzentren weiterarbeiten. Alles andere soll geschlossen bleiben, auch Gastronomie, sofern sie schon öffnen durfte. Ansammlungen im öffentlichen Raum sollen komplett untersagt werden. Bund und Länder wollen dem Beschluss zufolge zudem mit der Bitte auf die Kirchen zugehen, Gottesdienste nur virtuell zu veranstalten.
Auch bei den Kontaktbeschränkungen bleibt es zu Ostern: Treffen dürfen sich zwei Haushalte, maximal aber fünf Personen, wobei Kinder unter 14 Jahre nicht mitgezählt werden. Von Reisen im In- und ins Ausland werde abgeraten, sagte Merkel weiter. Zudem plant die Bundesregierung „eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die einen Corona-Test für Reiserückkehrer zur Einreisevoraussetzung macht.“

Die derzeitige Infektionswelle soll mit dem drastischen Lockdown zu Ostern "ein Stück weit durchbrochen werden", sagte Merkel. Wegen der Mutation B.1.1.7 sei man in einer "sehr, sehr ernsten Lage". Das Virus sei tödlicher, infektiöser und länger infektiös. Im Grunde habe man es "mit einem neuen Virus" und "einer neuen Pandemie" zu tun, sagte die Kanzlerin.

Zwölfstündiger Verhandlungs-Marathon

Die Regierungschefs aus Bund und Ländern berieten rund zwölf Stunden, so lange wie noch nie bei den inzwischen regelmäßigen Beratungen zur Pandemie. Dennoch bemühten sich Bund und Länder, Einigkeit zu demonstrieren. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, dass die Beschlüsse einen Paradigmenwechsel "weg von einem reinen Auf-zu-auf-zu" darstellten. Es gehe nicht mehr nur um Einschränkungen, sondern auch um die Frage, wie erste Schritte in die Normalität möglich seien. Die "zusätzlichen Ruhetage" über Ostern seien bei weitem nicht die mehr die einzige Maßnahme, sondern würden ergänzt durch eine starke Impf- und Teststrategie, sagte Müller.

Dem Beschluss zufolge sollen an Schulen künftig Lehrer und Schüler zweimal pro Woche getestet werden, ebenso das Personal in Kinderbetreuungseinrichtungen. Zudem wird nochmals an die Arbeitgeber appelliert, ihren Beschäftigten Tests anzubieten.

Verschärfungen bei Inzidenz über 100

Weitere verschärfende Maßnahmen werden in die Verantwortung von Ländern und Kommunen gegeben, die handeln sollen, wenn die Inzidenz über 100 steigt. Als Beispiele nennt der Beschluss schärfere Maskenpflichten etwa für Beifahrer im Auto oder Ausgangsbeschränkungen. Am 12. April wollen die Regierungschefs wieder zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will am Dienstagmittag erläutern, welche besonderen Maßnahmen Baden-Württemberg noch ergreifen will. Nach der Marathonsitzung der Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bis tief in die Nacht äußerte sich der Grünen-Politiker nicht mehr. Am Dienstagvormittag will Kretschmann zunächst mit seinem Kabinett die weiteren Schritte beraten. Er hatte schon vor der Konferenz von Ausgangsbeschränkungen für Hotspot-Regionen gesprochen. Zudem hatte er infrage gestellt, ob es dabei bleiben könne, dass Stadt- und Landkreise selbstständig über Öffnungen je nach Inzidenzen entscheiden können oder ob man das wieder landesweit regeln müsse.

Schulschließung ab einer Inzidenz von über 200 möglich

In dem Papier von Bund und Ländern wurden zunächst angedachte Verschärfungen für Schulen und Kitas gestrichen. Kretschmann hatte aber erwogen, Schulen ab einer Inzidenz von 200 zu schließen.

(dpa/br)