Kita, Kindergarten, Erzieherin, Kinder, Kindertagesstätte, Betreuung, Rechtsanspruch, Kleinkind, © Peter Kneffel - dpa (Symbolbild)

Land erlaubt in Kitas ausnahmsweise mehr Kinder pro Erzieherin

Mit einer Ausnahmeregelung will die Landesregierung den akuten Personalmangel ein Stück weit abfedern

Weil immer mehr Familien von ihrem Rechtsanspruch auf Kleinkindbetreuung Gebrauch machen müssen und gleichzeitig an fast allen Kitas in Baden-Württemberg Personal fehlt, zieht die grün-schwarze Landesregierung jetzt die Notbremse - in Form einer Ausnahmeregelung bei der Höchstgruppenstärke.

Das heißt, dass künftig ausnahmsweise bis zu zwei Kinder mehr pro Betreuungsgruppe einer Erzieherin erlaubt sein sollen. So sieht es der Entwurf aus dem Kultusministerium am Dienstag (25.10.2022) vor.

Der badische Staatssekretär Volker Schebesta (CDU) betont dabei, dass die Verordnung erst einmal auf das laufende Kita-Jahr begrenzt sein wird und auch erst noch von den Verbänden und Kommunen abgesegnet werden muss. Außerdem muss gewährleistet sein, dass der Mindestpersonalschlüssel in den Einrichtungen weiter eingehalten wird. So soll eine noch größere Überlastung der vorhandenen Fachkräfte möglichst abgeschwächt werden.

Will eine Kita aber die Gruppengröße erhöhen, um mehr Plätze anbieten zu können, dann reicht es in Zukunft erst einmal aus, das beim zuständigen Landesjugendamt anzumelden.

Diese hatten zuvor massiven Druck auf das Land ausgeübt, wieder Ausnahmen bei der Gruppengröße in den Kindertagesstätten zuzulassen. Aus ihrer Sicht erlaube es der dramatische Fachkräftemangel nicht mehr, die bisherigen Standards einzuhalten und den bestehenden Rechtsanspruch der Elter auf einen Kitaplatz zu erfüllen.

Sorgen größere Gruppen nicht automatisch für noch mehr Belastung?

Wegen der hohen Belastung durch zu große Gruppen hatten in den vergangenen Jahren bereits viele pädagogische Fachkräfte ihren Job an den Nagel gehängt und auch die Nachwuchssuche gestaltet sich vielerorts als äußerst schwierig. Hinzu kommt aktuell ein Ausfall weiterer Erzieherinnen wegen Corona oder grippalen Infekten.

Außerdem habe die Arbeitsbelastung auch durch die vielen zusätzlichen Kinder zugenommen, die mit ihren Familien aus der Ukraine geflüchtet sind und nun hier zusätzlich betreut werden müssen.

Schon seit 1. September hat die Landesregierung deshalb eingeführt, dass fehlende Erzieher durch die doppelte Zahl an nicht-pädagogischen Kräften ersetzt werden können. Allerdings darf dabei der Mindestpersonalschlüssel um nicht mehr als 20 Prozent unterschritten werden.

Um besser auf Krankheitswellen reagieren zu können, gibt es auch eine flexiblere Vertretungsregelung: Fällt eine Fachkraft durch Krankheit aus, kann sie für maximal acht Wochen durch eine Zusatzkraft ersetzt werden.

Die Kommunen halten die neuen Abstriche nun für verkraftbar. Zuletzt hatte eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben, dass das Verhältnis Kinder pro Kita-Fachkraft im Südwesten bundesweit spitze ist. In den Kinderkrippen kümmert sich eine Erzieherin demnach im Schnitt um 2,9 Kinder, im Kindergarten rechnerisch um 6,5. Dennoch fehlen im kommenden Jahr auch in Baden-Württemberg rund 57.600 Kita-Plätze, vor allen Dingen weil der Bedarf der Eltern steigt.

dpa / (fw)