Registrierkasse, Einzelhandel, Geld, Bargeld, Euro, © Daniel Reinhardt - dpa (Symbolbild)

4,5 Prozent mehr Geld für rund 500.000 Beschäftigte im Einzelhandel gefordert

In kaum einer Branche könnten die Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen durch die Coronakrise größer sein

Für die rund 500.000 Mitarbeiter in Baden-Württembergs Läden und Geschäften geht es am Mittwochvormittag (28.04.2021) um mehr Geld. Dann beginnen in Stuttgart die landesweiten Tarifverhandlungen im Einzelhandel. Wegen der Infektionslage werden die Verhandlungsführer von beiden Seiten diesmal dabei nur digital per Videoschalte zusammenkommen.

Die Gewerkschaft ver.di fordert 4,5 Prozent mehr Geld und einmalig 45 Euro obendrauf. Auszubildende sollen in der Branche sogar 100 Euro mehr im Monat erhalten. Als Ergänzung zum gesetzlichen Mindestlohn steht die Forderung nach einem tariflichen Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde im Raum.

Gewerkschaft möchte Gewinne besser verteilen, Inflation entgegenwirken und Altersarmut vorbeugen

Darüber hinaus geht es ver.di darum, die tarifliche Sozialzulage auf 25 beziehungsweise 35 Euro pro Monat zu erhöhen. Weil viele Beschäftigte durch die anhaltende Coronapandemie von Schließungen und Kurzarbeit betroffen sind, möchte die Gewerkschaft außerdem, dass die Unternehmen betroffenen Mitarbeitern das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent des üblichen Nettoverdienstes aufstocken.

Ver.di begründet die einzelnen Punkte damit, dass trotz Corona viele Betriebe kräftige Umsatz- und Gewinnsteigerungen einfahren konnten, die allerdings bisher sehr ungleich verteilt wurden: Während Lebensmittel-, Versand- und Onlinehändler aus Sicht der Gewerkschaft als große Gewinner der Pandemie dastehen, müssen Bekleidungs- und Innenstadthandel große Verluste hinnehmen.

Wegen der steigenden Inflation erwarten Wirtschaftsexperten eine durchschnittliche Preissteigerung von über zwei Prozent. Das würde die realen Gehälter deutlich mindern und bräuchte deshalb einen Ausgleich.

Arbeitgeber sehen viele Betriebe in Existenznot und sprechen von unverantwortlichen Forderungen

Der Handelsverband weist die Forderungen hingegen als völlig überzogen und unverantwortlich zurück, spricht von Maßnahmen, die den Berufseinstieg im Einzelhandel erschweren und Arbeitsplätze besonders für ungelernte Mitarbeiter gefährden würde. Angesichts der extrem angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen zeichnen sie das Bild von Bleigewichten, die an einen Rettungsring gehängt werden sollen.

Gerade durch die Umsatzeinbußen des Lockdowns würden viele Teilbereiche des Einzelhandels mit dem sprichwörtlichen Rücken zur Wand stehen. Bei ihnen ginge es um das Überleben und die Rettung tausender Arbeitsplätze. In einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands Deutschlands hatte knapp die Hälfte der von Schließungen betroffenen Händler angegeben, ohne weitere staatliche Unterstützung das laufende Jahr nicht überstehen zu können.

Vor diesem Hintergrund bezeichnen die Arbeitgeber die neue Tarifrunde als historische Herausforderung für die Branche. Sie sehen es als Ziel einen Flächentarifvertrag auszuhandeln und fortzuführen. Ver.di hofft auf der anderen Seite des Verhandlungstisches auf deutliche tabellenwirksame Erhöhungen von Löhnen und Gehältern, auch um einer drohenden Altersarmut von Beschäftigten im Einzelhandel entgegenzuwirken.

(fw)