16-Jährige sollen in Baden-Württemberg bei Kommunalwahlen kandidieren können

Die Landesregierung hat beschlossen, das Wahlgesetz zu reformieren. Lukas Mahler ist der Oberbürgermeister von Pfaffenweiler. Mit 25 Jahren ist er der jüngste Bürgermeister im Land. Kompetenz habe laut ihm aber nichts mit dem Alter zu tun, weshalb er die anstehenden Reformen des Wahlrechtes befürwortet. Auch die Aufhebung der Altersgrenze nach oben findet Mahler schlüssig:

Ich bin grundsätzlich gegen jede Altersgrenze bei Wahlen. Es ist schon komisch, dass man mit 80 Jahren Präsident der Vereinigten Staaten und mit 74 Ministerpräsident Baden-Württembergs sein kann, nicht aber Bürgermeister einer kleinen Stadt.

Nach dem grün-schwarzen Plan sollen 16-Jährige dann für Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte kandidieren können. Mit Reformen geht das Land landesweit neue Wege. Oberstes Ziel ist es, jungen Menschen den Weg in die Politik zu ebnen. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte am Dienstag, das Gesetzgebungsverfahren für die entsprechenden Reformen solle im März abgeschlossen werden.

Hauptänderungen:

- Ab 16 Jahren können Jugendliche bereits an Kommunalwahlen teilnehmen, man spricht von aktiver Stimmabgabe. Allerdings dürfen sie bisher nicht kandidieren (passives Wahlrecht) – das soll sich bald ändern.

- Dem Reformdokument zufolge wurde die bisherige Altersgrenze von 67 Jahren für Bürgermeisterkandidaten abgeschafft, ebenso wie die Vorgabe, dass Bürgermeister mit 73 Jahren zurücktreten müssen, auch wenn ihre Amtszeit noch nicht abgelaufen ist. Gleichzeitig können Bewerber für die oberen Ränge des Rathauses schon mit 18 Jahren kandidieren, nicht wie früher erst mit 25 Jahren.

- Beim zweiten Durchgang von Bürgermeisterwahlen soll es eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den höchsten Stimmenzahlen geben, wenn sich im ersten Wahlgang keiner der Bewerber mit mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen durchsetzen konnte. Bewerbungen können jedoch nach der ersten Abstimmung nicht mehr zurückgezogen werden.

- Um mehr Bewerber für das Amt des Bürgermeisters zu gewinnen, erhalten ehemalige Beamte, Richter und Beamte fortan ein Rückkehrrecht, damit ihre Stellen unbesetzt bleiben.

- Darüber hinaus sollen Wohnungslose in Stuttgarter Kommunen, Landkreisen oder Regionalverbänden ähnlich wie beim Landtagswahlrecht auch bei Kommunalwahlen wählen können.

Pläne kommen gut an

Für den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) ist die geplante Reform «eine Antwort auf die Demografie». Klagen dagegen schließt er allerdings nicht aus:

Wir sind da verfassungsrechtlich auf vollständigem Neuland. Zu so etwas gibt es gar keine Rechtssprechung. Vertretbar und richtig ist (es), Jugendliche sehr frühzeitig dazu zu motivieren, sich an der Demokratie zu beteiligen.

Sie sollten eine Möglichkeit bekommen, sich am Allgemeinwesen zu beteiligen.

 

Es gibt auch Kritik

Die Kommunalverbände zeigten sich zunächst distanziert und wollen warten, bis auch ihnen der Gesetzentwurf vorliegt. Es gebe in Baden-Württemberg bereits ein etabliertes und funktionsfähiges Kommunalwahlrecht, teilten Präsident des Gemeindetags, Steffen Jäger, und Städtetags-Geschäftsführer Ralf Broß mit. Änderungen daran müssten gut begründet werden:

Insbesondere Neureglungen, die es auch in anderen Ländern noch nicht gibt, müssen verfassungsrechtlich auf sicherem Boden stehen. Dafür trägt der Gesetzgeber die Verantwortung.

Es gibt auch Gegner der Reform wie SPD-Innenpolitik-Experte Sascha Binder, die der Meinung sind, dass die Reform zu spät eingeleitet wird und nun für Verwirrung sorgt. Während in den Städten und Gemeinden bereits Kandidierende gesucht würden, stelle das Land neue Regeln auf.

Die FDP hat bei der Reform rechtliche Bedenken:

Einerseits keinen Handy-Vertrag abschließen können, aber weitreichende Beschlüsse in der Kommune fassen; das wird schon als eine Unwucht wahrgenommen

Julia Goll, Sprecherin für Kommunalpolitik in der FDP-Fraktion.

Sie sieht die Gefahr von Gemeinderäten "zweiter Klasse". Außerdem kollidiert die kommunale Verantwortung mit dem Erziehungsrecht der Eltern.

 

(mm/dpa)