Martin Horn, Freiburg, Oberbürgermeister, 2020, Neujahrsempfang, © baden.fm

Stadt Freiburg startet mit großer Neujahrs-Gala in ihr Jubiläumsjahr

Als größte Herausforderungen Freiburgs für 2020 sieht der Rathauschef neben dem Klimawandel weiter das Thema bezahlbares Wohnen und den Ausbau von Straßenbahn und Co.

Vor mehr als 2500 Bürgern ist Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) am Mittwochabend (15.01.2020) mit dem offiziellen Neujahrsempfang in das Jubiläumsjahr seiner Stadt gestartet. Das 900-jährige Bestehen als verbriefte Stadt mit Marktrecht lässt sich Freiburg einiges kosten: In der Sick Arena auf dem neuen Messegelände glich der Empfang diesmal mehr einer großen Gala als einem klassischen Empfang - roter Teppich, einstudierte Tanz- und Akrobatikeinlagen, sowie nachdenklich-inspirierende Stücken des Theaters Panoptikum vor der XXL-Sitztribüne inklusive. Doch nicht alles davon landet am Ende als eigener Posten auf der Rechnung: So haben sich für einige der Beiträge im Vorfeld ehrenamtlich Freiburger zusammengefunden.

Was für ein Freiburg sich Oberbürgermeister Martin Horn für das Jubiläumsjahr 2020 wünscht

Und auch insgesamt will das Rathaus diesmal besonders viel Wert auf Bürgernähe und bürgerliches Engagement legen. Neben den üblichen Vertretern von Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Sozialem wurde deutlich mehr Platz geschaffen, um weitere Vertreter von Vereinen, Ehrenamt oder einzelne herausragende Bürger des Stadtgeschehens im neuen Jahr begrüßen zu dürfen.

Oberbürgermeister Horn fordert die Freiburgerinnen und Freiburg zum Mitmachen auf

Auch inhaltlich setzt Horn gezielt immer wieder auf das große Miteinander - etwa, während er mit dem Mikro die Bühne verlässt und zwischen den vollen Reihen entlangschreitet: So stehen während seiner Eröffnungsrede auch immer wieder die ausgewählten Jubiläumsbotschafter der Stadt im Mittelpunkt, von der VAG-Strassenbahnfahrerin Laura Kiefer, dem Bächleputzer Alain Stockmayr, über den Weihbischof Christian Würtz bis hin zur bekannten Drag Queen Betty BBQ mit Bollehut. Alle zehn sollen stellvertretend für eine gelebte Vielfalt der Stadt stehen und werden sich innerhalb des Jubiläums 2020 immer wieder in Freiburg öffentlich zu Wort melden.

Der Wunsch des Oberbürgermeisters ist aber auch, dass diese sinnbildlich für eine Vision des großen Ganzen stehen, bei der jeder einzelne Bürger sich konstruktiv und kritisch miteinbringen soll. Wie etwa in der Vergangenheit beim 300-jährigen Bau des Münsters fordert er die Freiburger zum gemeinsamen Weichenstellen für die Zukunft auf, selbst wenn jeder nur einen kleinen Teil dazu beiträgt. 2020 soll in Freiburg das Unterschiedliche der Menschen hervorheben und das Verbindende betonen.

OB Martin Horn: 2020 soll in Freiburg "das Unterschiedliche hervorheben und das Verbindende betonen"

Deutliche Worte richtet Horn dabei an Populisten und meint damit wohl auch explizit Vertreter der Kommunalpolitik: So zerstöre Ablehnung von allem Fremden und Neuem die Demokratie, gerade in Zeiten, in denen selbst gewählte Politiker versuchen, völkisches Denken wieder salonfähig zu machen. Für Provokationen, Hetze und Ausgrenzung sieht er in Freiburg keinen Platz. Der Oberbürgermeister richtet seinen Appell an die Wehrhaftigkeit der Demokratie und erntet dafür großen Applaus.

Diese Herausforderungen sieht Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach für die Stadt im Jahr 2020

Den meisten Zuspruch am Abend gibt es darüber hinaus für ein - Zitat- "Geschenk" der Nachbarn aus Frankreich, als Horn an die zugesagte Abschaltung des umstrittenen elsässischen Atomkraftwerk Fessenheim im Frühjahr 2020 erinnert. Umgekehrt erneuerte er seine Zusage, dass man auf deutscher Seite des Rheins den französischen Nachbarn im Anschluss bei den strukturellen Änderungen nach der Schließung unter die Arme greifen möchte.

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Von weltweit einzigartiger Bedeutung bewertete Freiburgs Oberbürgermeister vor dem aktuellen Hintergrund die Städtepartnerschaft mit Isfahan. In Zeiten, in denen Staaten nur noch übereinander anstatt miteinander reden, sei es aus seiner Sicht wichtig, die einfachen Menschen über solche gelebten Partnerschaften weiter zu verbinden. Zum Hintergrund: Freiburg ist bundesweit die einzige Stadt, die eine Städtepartnerschaft im Iran betreibt - und weltweit sogar die einzige, die das gleichzeitig auch noch im Vierergespann mit den USA und Israel tut. Horn berichtet dabei von einem Telefonat mit dem Bundesaußenministerium. Dieses lobte das Freiburger Engagement und stufte es in der aktuellen Iran-Krise als besonders bedeutsam ein.

Stadt will weitere Wohnungen bauen und kaufen und ÖPNV-Anbindung verbessern

2020 will Freiburg noch entschiedener gegen den herrschenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum vorgehen; auch, aber nicht ausschließlich, indem der geplante Stadtteil Dietenbach nach dem Bürgerentscheid vom letzten Jahr weiter vorangetrieben wird. Ab März soll zusätzlich die Freiburger Stadtbau mit einer weiteren Wohnbauinitiative starten. Allerdings reichen alle Bemühungen bisher kaum aus, um die Quadratmeterpreise in der Stadt wieder dauerhaft nach unten zu treiben.

Beim Ausbau der Mobilität kündigt Horn ein ganzes Maßnahmenpaket an, das unter Umständen schon in diesem Jahr zum Tragen kommen könnte. So hatte baden.fm beispielsweise erst vor Kurzem über die Option eines 365-Euro-Jahrestickets für Freiburg berichtet. Im Konkreten soll es aber auch um den weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes in der Stadt und einer qualitativen Verbesserung der ÖPNV-Angebote gehen.

(fw)