Martin Schulz, Angela Merkel, SPD, CDU, Freiburg, © baden.fm

So werben die beiden Kanzlerkandidaten Merkel und Schulz in Freiburg für sich

Viele Wähler in Südbaden haben die Chance genutzt, um sich selbst ein Bild von Angela Merkel und Martin Schulz zu machen

Mit nur zwei Tagen Abstand haben die Kanzlerkandidaten von Union und SPD seit dem Wochenende Südbaden einen Besuch vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag abgestattet. Martin Schulz und Angela Merkel sind am Samstag und Montag öffentlich in Freiburg aufgetreten.

Natürlich setzen nicht nur die beiden Parteien, sondern auch ihre Spitzenkandidaten dabei eigene thematische Schwerpunkte. Unsere baden.fm-Reporter haben beide Wahlkampfveranstaltungen genau beobachtet und jeweils auch die Zuschauer vor Ort nach ihren Eindrücken befragt.

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Angela Merkel (CDU) auf dem Münsterplatz in Freiburg:

Rund 4000 Menschen haben sich am Montagmittag vor das Freiburger Münster versammelt, um die Rede der Kanzlerin zu hören. Rund 500 davon waren geladene Gäste, organisiert durch den Kreisverband der Union. Einige Stände des Münstermarktes mussten für die Großveranstaltung extra weichen.

Trotz strikter Termintaktung (kurz vorher hatte sie noch einen öffentlichen Auftritt beim 75. Geburtstag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in Offenburg absolviert) traf Merkel pünktlich in der Freiburger Altstadt ein.

Bundestagskandidaten aus der Region im Vorprogramm

Vorher haben sich die südbadischen CDU-Bundestagskandidaten Armin Schuster, Peter Weis, Felix Schreiner, Matern von Marschall, sowie die Freiburger Stadträte Carolin Jenkner oder Wendelin Graf von Kageneck mit eigenen Redebeiträgen zu Wort gemeldet.

Die Musik dazwischen kam von der mitgereisten, fünfköpfigen Band mit dem wohl programmatischen Namen "Victory 17". Viele Sitzreihen vor der Bühne waren mit Europaflaggen geschmückt.

Ausschnitte aus der Wahlkampfrede von Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) in Freiburg

Merkel war unter strengen Sicherheitsvorkehrungen von der KaJo her auf die Südseite des Münsterplatzes eingezogen und hatte so auch noch für ein paar Minuten die Gelegenheit, im Vorbeilaufen zur Bühne mit den wartenden Bürgern in Kontakt zu treten. Kurz vor dem öffentlichen Auftritt hatte es noch geregnet, während der Rede blieb dann alles trocken.

Keine gravierenden Störungen während der Rede

Neben vielen Unionsanhängern waren auch auffällig viele Flüchtlinge zum Termin in die Innenstadt erschienen. Die befürchteten Proteste gegen Merkel blieben weitestgehend aus. Während des vierzigminütigen Wahlkampfauftritts von Merkel waren zwischen dem Beifall der CDU-Anhänger auch immer wieder einzelne Buh-Rufe, Pfiffe unter Trillerpfeifen zu hören. Laut Polizei, die sich über das komplette Stadtzentrum verteilt hatte, ist dabei aber alles friedlich geblieben.

So bewerten die Zuschauer den Wahlkampfauftritt der Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) in Freiburg

"2015 darf und wird sich nicht wiederholen." Bundeskanzlerin Angela Merkel

Den Wahlkampf der CDU dominiert diesmal unter anderem nicht nur das Thema "Innere Sicherheit", sondern vor allem auch die Flüchtlingspolitik. Hier hat Merkel eine klare Ansage und ein Eingeständnis im Gepäck: Die Erlebnisse aus dem Jahr 2015 dürfen sich nicht wiederholen und werden sich ihrer Auffassung nach auch nicht mehr wiederholen, da die Bundesregierung nun aktiver gegen Schleuser und die Auswanderungsgründe vorgehen würde.

Mehr Bildung, schnellerer Fortschritt bei E-Autos und keine Fahrverbote

Bei der Bildungspolitik geht es der Kanzlerin in ihrer Rede vor allem um Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche - auch im Hinblick auf den bestehenden Fachkräftemangel in vielen Wirtschaftsbranchen. Beim Diesel-Skandal stellte sich Merkel gegen Fahrverbote, hat aber im Bereich Elektromobilität und alternative Antriebe mehr Innovation von der deutschen Autoindustrie gefordert.

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Martin Schulz (SPD) am Platz der Alten Synagoge in Freiburg:

Die SPD hat ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz bereits am Samstagnachmittag auf dem Freiburger Platz der Alten Synagoge empfangen. Um die 4500 Zuschauer, so schätzt die Polizei, wollten ihn dort live erleben.

Neben den Wahlkandidaten der Sozialdemokraten aus ganz Südbaden und ihren geladenen Gästen waren in der Innenstadt darunter auch vergleichsweise viele Passanten, die oft recht zufällig vom Auftritt des prominenten Gastes erfahren haben und sich über seine Rede selbst von ihm ein Bild machen wollten.

Beim Wetter war es genau umgekehrt wie beim Merkel-Auftritt vom Montag: Bis kurz nach der Rede von Schulz blieb es trocken, danach zogen Schauer auf. Auch bei Schulz hat ein Großaufgebot der Polizei die Veranstaltung abgesichert, wirklich einschreiten mussten die Beamten hier nicht: Im Publikum waren nur vereinzelte Protestschilder von politischen Gegnern zu sehen, insgesamt blieb die Lage aber ebenfalls sehr friedlich.

Ausschnitte aus der Wahlkampfrede von Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) in Freiburg

Mit Musik durch die Menschenmenge - Vorprogramm der Bundestagskandidaten aus der Region

Nach 90-minütigem Vorprogramm mit dem deutsch-französischen Rap-Duo Zweierpasch und kurzen Ansprachen von Julien Bender, Johannes Fechner, Leni Breymaier, Rita Schwarzelühr-Sutter, Elvira Drobinski-Weiss und Jonas Hoffmann ging der eigentliche Schulz Wahlkampfauftritt dann los:

Mit den Klängen von Coldplays "Viva la Vida" wurde der 61-Jährige dann von seinen Personenschützern durch eine eigens eingerichtete Gasse an dem Publikum vorbei auf die Bühne geführt. Bereits hier hat Schulz offenbar großen Wert auf ein Bad in der Menge gelegt. Viele Smartphones reckten sich dem Spitzenkandidaten entgegen und er ließ mehrere Selfies mit sich machen.

So bewerten die Zuschauer den Wahlkampfauftritt des Kanzlerkandidaten Martin Schulz (SPD) in Freiburg

Soziale Gerechtigkeit als Kern für das gesamte Wahlprogramm

Inhaltlich hatte Schulz vor allen Dingen das Wahlkampfthema "Gerechtigkeit" für Freiburg mit im Gepäck. In einer Dreiviertelstunde ging es ihm dabei vor allen Dingen um Punkte wie bezahlbare Mieten und gerechte Löhne und Renten, sowie auch um eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni. Hier fordert Schulz konkret eine nationale Bildungsallianz. Direkte Freiburg- oder Südbadenbezüge lassen sich in seiner Rede insgesamt eher selten finden, kritisieren einige Beobachter im Publikum später.

Fazit - Normaler Wahlkampf ohne direkten Seitenhiebe

Wie zu erwarten, haben sowohl Schulz als auch Merkel scharfe Worte gegeneinander gerichtet. Die amtierende Bundeskanzlerin macht die rot-grüne Vorgängerregierung bis 2005 für die anhaltende Gefahr in vielen Herkunftsländern bei der Flüchtlingskrise mit verantwortlich. Schulz hat beispielsweise beim Thema Bundeswehr gegen die CDU gewettert und forderte für die Soldaten eine bessere Ausrüstung anstatt Aufrüstung. Direkte Seitenhiebe gegen den anderen Kandidaten hat es aus Sicht vieler Zuschauer aber in beiden Fällen überraschend selten gegeben.