Weinsommer, Weinfest, Münsterplatz, Historisches Kaufhaus, Freiburg, Kultur, Veranstaltung, © baden.fm (Archiv)

Weinfeste in Baden haben es 2022 auch ohne Corona-Einschränkungen schwer

Diese Events finden dieses Jahr wieder statt und mit diesen Problemen haben die Veranstalter zu kämpfen

Wie lässt sich die berühmte badische Gemütlichkeit besser genießen als an einem warmen Frühlings- oder Sommertag mit einem "Viertele" oder "Zehntele" heimischen Wein in der Hand, Musik, Kulinarik und einem großen Stück Brauchtum?

Aber auch wer sich nicht gerade zu den Weinliebhabern zählt, muss anerkennen, dass die Weinfeste fest in Badens Kultur verankert sind und neben den Getränken selbst vor allem das Zusammentreffen und der Austausch mit anderen Menschen im Vordergrund steht.

Manche der badischen Weinfeste sind seit Jahrzehnten inzwischen so beliebt, dass an einem Wochenende mehrere Zehntausend Besucher durch die Gassen der Dörfer von Stand zu Stand strömen. Die jüngsten Absagen von zwei der größten Feste haben deshalb weit über die Grenzen der betroffenen Orte hinaus für Berstürzung gesorgt.

Nachdem bereits im März feststand, dass auch es 2022 keine St. Georgener Weintage in Freiburg geben wird, mussten nun auch in Breisach die Organisatoren des Bereichsweinfests Kaiserstuhl und Tuniberg die Reißleine ziehen und ihre Pläne für die Veranstaltung dieses Jahr endgültig auf Eis legen.

Corona-Einschränken haben sowohl Gastronomie und Vereine ziemlich ausgedünnt

Doch auch bei den Weinfeste, die wieder stattfinden, dürfte es hinter den Kulissen teils ähnlich angespannt aussehen. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch bei allen Unterschieden gibt es auch Gemeinsamkeiten.

Zum Einen sind da nach wie vor die direkten Folgen der anhaltenden Corona-Pandemie. So ließ sich beispielsweise für den federführenden Bürgerverein Freiburg St. Georgen schlichtweg nicht abschätzen, welche Infektionsschutz-Auflagen zum Zeitpunkt der Weintage im dichten Gedränge für alle Beteiligten gelten werden.

Da aus damaliger Sicht eine erhöhte Gesundheitsgefahr für Besucher und Helfer an den Ständen zu befürchten war, musste die schwere Entscheidung getroffen werden, das Fest frühzeitig abzusagen.

Martin Maier (Bürgerverein Freiburg St. Georgen): "Ich sehe tatsächlich die Gefahr, dass die Weinfeste in der Region bedroht sind"

Darüber hinaus zeigen sich inzwischen auch die indirekten Folgen nach knapp zwei Jahren Zwangspause für die Weinfeste: Weil sich das aktive Vereinsleben in vielen Orten nur unter massiven Einschrängen am Leben erhalten werden konnte und viele Mitglieder während der Pandemie dauerhaft von Ehrenamt und Vereinstätigkeiten zurückgezogen haben, fehlen an allen Ecken und Enden inzwischen Helfer.

Und auch bei gewerblichen Anbietern sieht es ähnlich aus, da in den letzten Jahren massenhaft Mitarbeiter der Gastronomie den Rücken gekehrt haben. Das hat nach Angaben von Kaiserstühler Wein-Marketing-Geschäftsführerin Petra Littner unter anderem auch in Breisach letztendlich zur Absage des Bereichsweinfests geführt.

Petra Littner (Kaiserstühler Wein-Marketing): "Die Hoffnung, dass es dieses Jahr stattfinden kann, haben wir erst ganz zum Schluss aufgegeben, als uns die Zahlen überholt haben"

Gleichzeitig haben gerade die großen Veranstalter mit immer schärferen Auflagen von Behörden zu kämpfen. Wo viele Menschen zusammenkommen und dabei auch noch Alkohol konsumieren, sind bestimmte Konflikte vorprogrammiert, wenn nicht entsprechend vorgesorgt wird.

Die Polizeibehörden stufen die größten Weinfeste prinzipiell als Hochrisikoevents ein, die neben einer extra Polizeipräsenz auch ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept mit Ordnern, privaten Sicherheitsdiensten, Absperrungen und Notfallplänen erfordert. Das alles kostet Geld und schmälert am Ende die Einnahmen über den Gastronomieverkauf, auf die besonders die Vereine angewiesen wären. Zumal nicht nur im Logistik- sondern auch im Sicherheitsbereich die Kosten gerade massiv anziehen.

Und letztendlich zeichnet sich auch bei den Weinfesten die allgemeine Preisentwicklung für Energie, Lebensmittel und Personalkosten ab. Auch hier wird die Kostenexplosion für einige Weinfest-Veranstalter immer mehr zum sprichwörtlichen Damoklesschwert:

Gerade dann, wenn die Organisatoren für ihre Waren in Vorleistung gehen müssen oder auch für Ausbesserungsarbeiten an den lange nicht genutzten Buden und für die Veranstaltungstechnik.

Da umgekehrt vielen Unterstützern und Sponsoren durch die Krise die Etats für Events gestrichen wurden, fallen solche Ausgaben auch grundsätzlich finanziell stärker ins Gewicht.

In anderen Bundesländern kosten Weinfeste inzwischen Eintritt

Doch wie können die Organisatoren der Weinfeste mit diesen schwierigen Rahmenbedingungen umgehen? Vieles davon lässt sich für die Betroffenen ohne Weiteres nicht ändern, glauben sowohl Littner als auch Maier. Welche Stellschrauben überhaupt vorhanden sind, das prüfen beide gemeinsam mit den anderen Verantwortlichen jeweils, indem sie die Zukunft der Events noch einmal von Grund auf überdenken wollen.

Die Ergebnisse dieses Prozesses lassen sich noch nicht vorhersagen, könnten aber möglicherweise auch dazu führen, dass die großen Weinfeste in Zukunft wieder kleiner werden müssen und beispielsweise von vorneherein auf weniger Besucher ausgelegt werden, um die Kosten im Griff behalten zu können und mit weniger scharfen Auflagen konfrontiert zu sein. Von Maßnahmen wie Eintrittsgeldern für den Besuch der Weinfeste, wie sie seit diesem Jahr auch in anderen Bundesländern verlangt werden, war bei den großen Events in Baden bislang nicht die Rede.

Eine große Hoffnung setzt unter anderem Maier auch in weitere Gespräche mit den Städten und Polizeibehörden. Zusätzlicher Rückhalt aus dem Rathaus und  bei den Einsatzkräften könnte dafür sorgen, im Bereich der hohen Sicherheitsausgaben wieder auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, der die Weinfest durchführbar macht, glaubt er.

Dass solche Traditionsveranstaltungen trotz der aktuellen Probleme weiter funktionieren können, zeigen hingegen auch die Weinfeste, die 2022 teils unter großen Mühen erstmals nach der Hochphase der Pandemie wieder stattfinden können.

So dürfen sich Weinliebhaber in diesem Jahr unter anderem auf folgende Termine freuen:

  • 30.06.-05.07.2022: Freiburger Weinfest auf dem Münsterplatz
  • 05.08.-08.08.2022: Markgräfler Weinfest in Staufen
  • 17.06.-20.06.2022: Ihringer Weintage
  • 19.08.-22.08.2022:  Breisgauer Weinfest in Emmendingen
  • 02.09.-04.09.2022: Schnecke-Fescht Pfaffenweiler
  • 09.09.-12.09.2022: Bötzinger Dorf- und Weinfest
  • September 2022 (t.b.a.): Winzerfest Auggen
  • September 2022 (t.b.a.): Hahlerei-Fest Gottenheim

(fw)