Eine Freiburger Knigge-Expertin klärt auf

Fast 300 Jahre nach der Veröffentlichung des Buches „Über den Umgang mit Menschen“ von Adolph Knigge steht sein Name noch immer für das gute Benehmen. Obwohl sein Buch eigentlich eher soziologischen und aufklärerischen Charakter hatte, sind Knigge-Ratgeber heute kaum noch wegzudenken. Mittlerweile gibt es sogar eine aktuelle Knigge-App, die in jeder Situation das „höflichste“ Verhalten vorschlägt. Doch was ist denn überhaupt heute noch „höflich“?

Eine erste Debatte entstand rund um das Thema „Gesundheit“. Vielerorts und vor allem im Knigge wird empfohlen, einer Person nach dem Niesen nicht mehr „Gesundheit“ zu wünschen. Laut der Freiburger Knigge-Expertin Betül Hanisch gebe es eine häufige Unsicherheit in der Gesellschaft, vor allem wenn Leute mehrmals hintereinander Niesen. Aus diesem Grund wurde dann auch von verschiedenen Gremien beschlossen „Gesundheit“ nach dem Niesen als veraltet zu bezeichnen. Laut ihnen sollte sich die niesende Person entschuldigen. Schließlich stelle das Niesen eine Unterbrechung des Gesprächs da, wofür es sich zu entschuldigen gilt, so Hanisch. Trotz allem sind bestimmte Regeln situationsbedingt:

Die Gesellschaft bestimmt die Regeln nicht die Gremien“

In gewissen Situationen ist das Brechen von Regeln, zum Beispiel das Wünschen von „Gesundheit“, vollkommen in Ordnung und auch angebracht. Schließlich funktionieren Regeln auch nur wenn beide Seiten sie kennen, erläutert Hanisch weiter. Deswegen sagen wir häufig auch noch immer „Gesundheit“. Bei einem Vortrag oder einem Geschäftsmeeting stelle ein geflüstertes „Entschuldigung“ aber eine Störung dar, weshalb in solchen Situationen ganz auf eine Erwiderung verzichtet werden sollte.

Im Umgang miteinander zähle laut Hanisch noch immer die Regel „Ladies First“ aber dies auch nur in bestimmten Situationen. In der Geschäftswelt beispielsweise kommt es auf die Position des Gegenübers an. Alles in allem geht es auch bei den Benimmregeln um gegenseitige Wertschätzung und Empathie.

(rr)