Außengastronomie, Restaurant, Straßencafe, Biergarten, © Pixabay (Symbolbild)

Südwest-Gastwirte blicken mit gemischten Gefühlen auf Öffnungen in der Schweiz

Gastronomie im Südwesten wartet auf Öffnungsperspektiven - aber nicht um jeden Preis

Die Sehnsucht nach einem Stück Normalität dürfte trotz - oder gerade wegen - der anhaltenden dritten Corona-Infektionswelle bei vielen Menschen noch einmal spürbar zugenommen haben. Aus Wissenschaftlicher Sicht umstritten, aber dennoch unter weitgehend großem öffentlichem Zuspruch hat letzte Woche die Schweiz die Entscheidung getroffen, das öffentliche Leben wieder schrittweise hochzufahren und ab Montag (19.04.2021) unter anderem die Außengastronomie aufzumachen.

In der Grenzmetropole Basel haben so nun wieder die Straßencafés und Restaurant-Terrassen in der Altstadt und am Rheinufer geöffnet. Ein Schritt, für den auf südbadischer Seite des Rheins viele Gastronomen gerade einiges geben würden. Denn der monatelange Lockdown bedroht immer stärker ihre wirtschaftliche Existenz. Dennoch schauen viele von ihnen mit gemischten Gefühlen auf die Öffnungen in der Schweiz.

Schließungen seit November setzen immer mehr Gastwirten zu

Trotz der völlig unterschiedlichen Entwicklungen geht der Blick der Branche in Baden-Württemberg gerade eher da hin, was bei uns vielleicht schon bald wieder möglich sein wird, falls in ein paar Wochen oder Monaten die Infektionszahlen wieder in die richtige Richtung zeigen sollten, meint Daniel Ohl vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg. Dennoch bräuchten die Gastronomen auf deutscher Seite dringend schon jetzt Öffnungsperspektiven, fordert er. Immer mehr Betriebe befinden sich laut Verband in großer finanzieller Not.

Daniel Ohl (DEHOGA Baden-Württemberg): "Wir glauben, dass die Hygienekonzepte der Gastronomie überall funktionieren."

Die Gastronomie habe einen großen Vorteil und das sind ausgefeilte Hygienekonzepte, meint Ohl. In vielen Cafés, Kneipen und Restaurants haben die Betreiber seit der Schließungen im November noch einmal Geld in die Hand genommen, um Belüftungen zu installieren, um noch stringentere Einbahnstraßen-Laufwege für Personal und Gäste auszufeilen und um für die digitalen Kontaktverfolgung per App besser vorbereitet zu sein.

Gleichzeitig setzen viele Wirte große Hoffnungen auf den Impffortschritt, sowie auf flächendeckende Testungen. Pilotprojekte wie in Tübingen hatten darauf gesetzt, um Gastronomie und Einzelhandel zumindest in beschränktem Rahmen wieder mehr Freiheiten geben zu ermöglichen.

Gleichzeitig werden aktuell die kostenlosen Bürgertestung in ganz Deutschland immer mehr ausgebaut. Bei diesen können sich alle Bürger bisher mindestens ein Mal pro Woche auf das Coronavirus testen lassen, ohne selbst für die Kosten aufkommen zu müssen.

Branche steht in den Startlöchern und wartet auf Rückgang der Infektionszahlen

Die Vorbereitungen auf erste Öffnungsschritte wie in der Schweiz seien bei den meisten Gastronomen schon so weit vorangeschritten, dass sie grundsätzlich schnell bereit wären, auch bei uns im Südwesten mit dem Betrieb wieder zu starten, so Ohl. Hauptvoraussetzung ist allerdings auch hier, dass die weitere Ausbreitung des Coronavirus und seiner Mutationen so weit verlangsamt werden kann, dass die Politik auch wirklich ruhigen Gewissens grünes Licht geben kann.

Der DEHOGA erwartet vom neuen Infektionsschutzgesetz des Bundes verbindliche Perspektiven, damit zum Beispiel bei einer 7-Tage-Inzidenz von unter 100 pro 100.000 Einwohner wieder erste Gaststätten ihr Angebot vom reinen Abholgeschäft ausweiten könnten.

Reine Außengastronomie kann in vielen Fällen nicht die gesamten Umsatzeinbußen auffangen

Einen Unterschied zwischen möglicher Außengastronomie und dem Servieren von Speisen und Getränken in den Innenflächen möchte Ohl dabei nicht machen - nach seiner Ansicht hätten Studien aus dem letzten Sommer 2020 gezeigt, dass mit ausreichenden Hygienemaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen der Restaurantbesuch kein Pandemietreiber sei und das unabhängig von der Frage, ob drinnen oder draußen.

Das ist nicht unumstritten: Führende Aerosol-Forscher hatten hingegen in der vergangenen Woche die Bundespolitik dazu aufgefordert, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Bereiche des täglichen Lebens im Freien stattfinden können. Sie kommen übereinstimmend zu dem Schluss, dass die Infektionsgefahr im Freien um ein Vielfaches geringer sei.

Für die Gastronomie wären reine Außen-Öffnungen hingegen zwar ein wichtiges Symbol. Für die meisten Wirte sind sie wegen beschränkter Sitzplätze und Außenflächen aber nicht wirtschaftlich genug.

Restaurants und Cafés wollen öffnen - aber nicht um jeden Preis

Bei einer 7-Tages-Inzidenz von aktuell 173,4 am Montag (19.04.2021) in Baden-Württemberg liegen alle konkreten Lockerungsgedanken für die Branche ohnehin noch in weiter Ferne. Vor diesem Hintergrund räumt auch der DEHOGA ganz klar ein, dass vorschnelle Öffnungen für die Betriebe keinen Sinn ergeben, wenn sie nur kurzfristig erfolgen können und danach alles wieder schließen müsste, weil die Infektionszahlen erneut weiter steigen.

(fw)