Rischmüllers SC-Tagebuch: Vorspiel vor Düsseldorf

Das Vorspiel
 
Düsseldorf. Was fällt mir zu Düsseldorf ein? „Wer wohnt schon in Düsseldorf?“ zum Beispiel. Und Kako, mein alter Spezi aus den wilden Jahren, der Fortuna-Fan ist und als professioneller  Fahrradvermieter auf der Insel Langeoog seine Fußball-Lieblinge aus der Heimat beim alljährlichen Sommertrainingslager mit Rädern ausrüstet. Und ein ganz besonders nettes Ereignis im damaligen Düsseldorfer Rheinstadion kommt mir auch noch in den Sinn…

Die Meldungen im Einzelnen: „Wer wohnt schon in Düsseldorf?“ sang in den 80ern Herbert Grönemeyer in seinem Kultsong „Bochum“. Die gleichnamige LP hat mir zu meinem 23. Geburtstag ausgerechnet der einzige Dödel geschenkt, den ich persönlich kenne, der heute in Düsseldorf wohnt.

Lars L. – alter Schulkollege, Arminia-Fan, älter mit Brille und so. Lars kommt demnächst zum Breisacher Weinfest auf Kurzurlaub. Er interessiert sich für…Menschen. Darunter können auch Frauen sein.  Genau wie ich steht der Wahldüsseldorfer (wie kann man nur?) auf die die uralten Kultserien „Kir Royal“ und „Monaco Franze“. Brüder und Schwestern im Geiste haben längst die kultigen Zitate aus den Serien erkannt, die ich bei der Beschreibung von Lars eingebaut habe. 
Ich persönlich finde, dass Düsseldorf viel von seinem Glanz vergangener Jahre verloren hat. Kako hat schon gewusst, warum er auf die Insel gegangen ist und da Fahrräder vermietet. Der Bursche hatte es übrigens immer schon mehr mit Meer als mit Meerbusch. Eine prägende Erinnerung von Kako habe ich aus dem Jahr 1982. Ich war Betreuer bei einer deutsch-französischen Jugendtourismusorganisation an der Côte d’Azur und Kako, den ich aus Bielefeld kannte, war unsere Küchenhilfe. Ich übernachtete in einer Art Bauernhaus, in dem ausschließlich Betreuer untergebracht waren – in Mehrbettzimmern. Als ich mich in eine Kundin verknallt hatte – die war zum Glück schon volljährig  - war das ein Problem. Jugendliche Teilnehmerinnen im Betreuerhaus, das war natürlich ein No-go und hätte zu Geschwätz geführt. Und jetzt kommt Kako ins Spiel. Der Bursche übernachtete in einem Wohnwagen auf dem Grundstück und als es dunkel war, tauschten wir einfach die Schlüssel und damit die Schlafplätze. So konnte ich mir mit meiner Pariser Eroberung Valérie in Ruhe auch ein bisschen näher kommen. Mann, waren wir jung damals…
Und heute rüstet Kako Fortuna Düsseldorf im Sommertrainingslager auf Langeoog mit Fahrrädern aus. Ob er den Jungs auch auf andere Weise behilflich ist (s.o.), weiß ich nicht. Erfahrung hätte er ja… Vermutlich drückt Kako seinem Heimatverein morgen kräftig die Daumen und ich kann es ihm nicht verdenken. Nur bringen wird es nichts. Die Punkte gehen an den Sport-Club! Zumindest einer. Das ist auch die Quintessenz aus meinem Radiotalk von heute Morgen, 8.40 Uhr, mit baden.fm-Moderatorin Julica Goldschmidt. Hier das Skript:

Julica:
Die ersten drei Pflichtspiele liefen für unseren SC Freiburg wie am Schnürchen: 6:3 gegen Nürnberg, 0:1 in München und 0:5 bei Barmbek-Uhlenhorst – drei Siege, die Hoffnungen weckten. Nach dem Rückschlag beim 1:3 gegen Bochum habe ich jetzt mal Frank Rischmüller telefonisch geweckt, um zu erfahren, wie es vor dem Auswärtsspiel morgen Mittag um 13 Uhr bei Fortuna Düsseldorf beim Sport-Club aussieht. Guten Morgen Frank!
 
Ich:
Morgähn!
 
Julica:
Wie hat die Mannschaft denn die etwas überraschende 1:3-Heimniederlage gegen Bochum weggesteckt?

Ich:
Das Ergebnis ist abgehakt – die personellen Folgen der Partie bereiten aber noch Sorgen. Mujdza und Torrejon, beide aus der Viererkette, sind gesperrt. Der mögliche Mujdza-Vertreter hinten rechts, Hedenstad, hat sich gegen Bochum verletzt. Da muss Christian Streich mächtig viel experimentieren und vielleicht die eine oder andere Überraschung aus dem Hut zaubern.

Julica:
Wie könnten solche Überraschungen aussehen?

Ich:
Wir bewegen uns hier natürlich im sehr spekulativen Bereich, aber es könnte sein, dass Höfler aus dem Mittelfeld zurück in die Innenverteidigung geht. Neben Abrashi könnte dann der junge Hufnagel im defensiven Mittelfeld auftauchen. Wenn Kempf fit ist, kann es sein, dass er als rechter Verteidiger anfängt, wo ja besonders Not am Mann ist. Vorne kehrt Philipp zurück und ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Möller-Daehli links offensiv in der Startelf steht. Es wird in jedem Fall einiges durcheinander gerüttelt; weil Spieler gesperrt oder verletzt sind und weil Jungs wie Hufnagel und Möller-Daehli gegen Bochum als Einwechselspieler auf sich aufmerksam gemacht haben.

Julica:
Wie schätzt Du die Chancen in Düsseldorf konkret ein?

Ich:
Fortuna hat es bisher in keinem Spiel geschafft, über 90 Minuten wirklich stark aufzutreten und ist deshalb in der zweiten Liga nach drei Spielen noch sieglos. Dem Sport-Club sollte – trotz aller Personalprobleme – in der Esprit-Arena mindestens ein Unentschieden gelingen. Der Freiburger Traum vom direkten Wiederaufstieg wird wieder so richtig lebendig, wenn sie das Ding wuppen und das Spiel gewinnen.

Julica:
Anpfiff ist um 13 Uhr – fast 2.000 Fans werden die Mannschaft in Düsseldorf unterstützen und Frank Rischmüller überträgt die Partie natürlich wie immer live bei uns in der baden.fm-Bundesligashow.

So, jetzt schulde ich der geneigten Leserin und dem geneigten Leser noch die letzte Düsseldorf-Episode; dieses oben angedeutete tolle Erlebnis:
Am 30. November 1997 kickte der SC in der damaligen LTU-Arena, das war aber eigentlich noch das alte Rheinstadion, in einem Zweitligaspiel bei Fortuna. Das war die Startelf unseres SC:  Dietmar Hummel, Stefan Müller, Steffen Korell, Damir Buric, Ralf Kohl, Zoubaier Baya, Torben Hoffmann, Marco Weißhaupt, Michael Frontzeck, Mehdi Ben Slimane, Alexander Iashvili. Der Spielverlauf war höchst unterhaltsam: Ben Slimane und Iashvili brachten den SC mit 2:0 in Führung, ehe Jancula und Rietpietsch für den Ausgleich sorgten. Der SC biss aber zurück: Müller und der eingewechselte Pavlin schossen den 2:4 Auswärtssieg heraus. Das entscheidende vierte Tor fiel in der 90. Minute. Entsprechend ausgelassen und euphorisch war die Stimmung bei Mannschaft und Fans nach dem Abpfiff. In der Kurve wurde mächtig gefeiert.

"Wie geht man mit den Ausfällen in der Abwehr um, Herr Streich?"

Ich hatte mich – das war natürlich genauso verboten wie mein nächtliches Tächtelmächtel als Betreuer mit Valérie aus Paris – auf dem Spielfeld bzw. in der Kurve mitten unter die feiernden Spieler gemischt, fing mit einem Aufnahmegerät die Stimmung auf und machte fleißig euphorischer Interviews mit den jubelnden Jungs. Der größte Gänsehautmoment war freilich, als die Fans in der Kurve, deren Gesänge ich gerade fleißig aufnahm,  plötzlich meinen Namen skandierten… „Rischmüller oho, Rischmüller, ohohoho…“ Gänsehautalarm…
Das war übrigens die Zeit, in der ich bei Auswärtsspielen im Rheinland häufig bei Lars übernachtete. Wir sind dann abends immer auf die Piste und mein Spezi hatte im Kofferraum stets ein Paar Ersatzschuhe für mich. Ich war und bin auf meinen Fußballreisen immer mit Sportschuhen unterwegs und die Düsseldorfer Lokale, in die Lars mich führte, hatten alle Türsteher, die eigentlich nur nach unten guckten und nicht ins Gesicht – nach unten, auf die Schuhe. Ich fand die Fußbekleidung ja völlig nebensächlich, insbesondere bei der Frage, ob ein Gast ins Lokal passt oder nicht – die Schmalspur-Intellektuellen mit Entscheidungsgewalt (Du ja, Du nein – heute geschlossene Gesellschaft etc.) sahen das aber anders, sodass wir häufig noch einmal zum Schuhwechsel ans Auto zurückgingen. Ich fand das zwar total panne, aber Lars wollte halt unbedingt auf die jeweilige Mallorcaparty oder so. Beim zweiten Anlauf kamen wir dann immer rein.

Erinnerungen, die mal wieder beweisen, wie rasend schnell die Zeit vergeht. Apropos Zeit: Anstoß ist morgen bekanntlich um 13 Uhr.  Um kein Risiko einzugehen, plane ich immer mit zwei Stunden Vorlauf vor dem Spiel. Ich will also zwei Stunden vorher vor Ort sein, sprich: 11 Uhr. Ohne Stau braucht man etwa vier Stunden mit dem Auto – ich müsste also, mit einer Stunde Stau-Puffer, um 6 Uhr in der Frühe losfahren, dann arbeiten und dann direkt wieder auf die Autobahn und zurück. Das will ich so nicht. Ich löse den Fall daher anders und werde die ersten 200 km schon heute am frühen Abend unter die Räder nehmen. Im Kraichgau werde ich in meiner Stammpension (27 Euro mit Frühstück)  übernachten und morgen den Rest in Angriff nehmen. Dann sollte alles klappen, inclusive ausschlafen. Mein großer Sohn Jérôme, zu meinem Leidwesen Eintrachtfan, hat mich gefragt, ob ich ihn auf dem Rückweg in Frankfurt einsammeln kann, wo er sich morgen den Kick seiner Eintracht gegen Augsburg ansehen will.

SC-Keeper Alexander Schwolow vor dem Spiel in Düsseldorf

Das Abholen ist natürlich kein Problem. Zeitlich passt das vermutlich gerade. Wir können dann noch entscheiden, ob wir um 18.30 Uhr das Spiel „Not gegen Elend“ in irgendeiner Sky-Kneipe gucken oder doch lieber weiterfahren und den Elendskick im Radio hören. Ich vermute mal Letzteres. Fußball ist im Radio ja auch viel geiler als im Fernsehen…

- Frank Rischmüller