© Dagmar Schwelle - Bundesverband Deutsche Tafel

Schwere Vorwürfe gegen Tafelladen in Müllheim

Der Friedensrat Markgräflerland wirft der Tafel in Müllheim unterschwelligen Rassismus vor: Nach Beschwerden von einheimischen Kunden sollen Asylbewerber dort erst später in den Laden gelassen werden. Zu dieser Maßnahme kam es offenbar, nachdem sich ein Mann aus einer der Unterkünfte in der Warteschlange vorgedrängelt hatte. Die Erste Vorsitzende der Müllheimer Tafel rechtfertigt die Entscheidung auf baden.fm-Anfrage mit organisatorischen Gründen. Es gehe ihr nach wie vor darum, alle Bedürftigen gleich zu behandeln. Die zweigleisigen Öffnungszeiten begründet sie damit, den großen Ansturm auf den Laden für Bedürftige zu entzerren. Flüchtlinge würden oft schlichtweg einfach länger brauchen, weil sie zum Einkauf oft erst ihre Betreuer oder Übersetzer mitbringen müssen, hieß es in einem Gespräch gegenüber baden.fm.

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Ulrich Rodewald vom Friedensrat Markgräflerland kann das nicht nachvollziehen. Er sieht in dem Verhalten der Tafelleitung eine diskriminierende Maßnahme mit starkem rassistischem Unterton. Es gebe bei den Tafeln in Deutschland klare Regeln, wer überhaupt berechtigt ist, dort für vergünstigte Preise Waren für den alltäglichen Bedarf einzukaufen. Alle Einschränkungen, die darüber hinaus gehen, sind nach Rodewalds Ansicht eine Ungleichbehandlung. Der Friedensrat fordert die Tafel dazu auf, von der doppelten Öffnungszeitenregelung wieder umgehend Abstand zu nehmen, da ansonsten Vorurteile gegenüber Flüchtlingen geschürt werden. Tafel-Mitarbeiter hatten zuletzt offenbar Flyer an den Flüchtlingsunterkünften rund um Müllheim verteilt, mit der Aufforderung, nicht vor 16 Uhr  in den Läden zu erscheinen. Zu diesem Zeitpunkt dürften einheimische Kunden aber bereits ihre Lebensmittel kaufen.

 

Müllheims Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich sieht in der Aufregung ein Missverständnis. Auf baden.fm-Anfrage sagt sie, die Flüchtlinge müssen einfach viel engmaschiger betreut werden, weil sie bei ihren Einkäufen beispielsweise die Aufschriften auf Dosen und ähnlichem durch die Sprachbarriere nicht lesen könnten. Um die Helfer der Tafel da rein organisatorisch zu entlasten, haben Stadt und Tafel zusammen mit dem Helferkreis, der die Flüchtlinge betreut, ein Agreement getroffen: Die separaten Öffnungszeiten versteht Siemes-Knoblich dadurch eher als Angebot, weil sich die Tafel-Mitarbeiter so auch mehr Zeit für die Flüchtlinge und ihre zusätzlichen Bedürfnisse nehmen können und gleichzeitig die einheimischen Kunden nicht von längeren Wartezeiten betroffen sind. Sie möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, die Regelung enthalte einen diskriminierenden oder gar rassistischen Unterton. Siemes-Knoblich sagte uns: "Die Flüchtlinge sind bei der Tafel genauso herzlich willkommen, wie sie es in der gesamten Stadt Müllheim sind. Wir leisten hier eine hervorragende Flüchtlings- und Integrationsarbeit. Der überwiegende Teil der Bevölkerung steht dem Thema sehr positiv und aufgeschlossen gegenüber, weshalb ich auch stolz auf meine Bürgerinnen und Bürger bin."

 

In Deutschland gibt es derzeit über 900 Tafeln, fast ausschließlich von ehrenamtlichen Helfern betrieben. Sie nehmen einwandfreie Lebensmittel entgegen, die in der Industrie, dem Handel oder der Gastronomie nicht mehr benötigt werden und unterstützen so über 1,5 Millionen von Armut bedrohte Menschen. Der Bundesverband schätzt, dass ein gutes Drittel davon Kinder und Jugendliche sind. Die Bedürftigen können mit einem entsprechenden Nachweis die Waren kostenlos oder gegen einen symbolischen Betrag beziehen. Die Tafel-Helfer werden außerdem oft Ansprechpartner in Notlagen ihrer Kunden und konnten so bereits in vielen Fällen Hilfe vermitteln.