Missbrauch, Prozess, Staufen, Urteil, © Patrick Seeger - dpa

Opferverband fordert Konsequenzen aus Staufener Missbrauchsfall

Nach dem Urteil gegen die Familie des Jungen kommt nun weitere Kritik an der Rolle der Behörden

Der Staat soll seine Behördenmitarbeiter in Zukunft besser ausbilden und vernetzen, um schwere Missbrauchsfälle wie den aus Staufen früher verhindern zu können. Das fordert die Opferhilfsorganisation Weißer Ring nach dem Gerichtsurteil gegen die Familie eines heute 10-jährigen Schülers. Konkret geht es darum, dass einzelne Ämter ihre Informationen schneller und zuverlässiger austauschen, um Kinder nicht unnötig lange in den Händen von Kriminellen zu lassen.

Arbeitsgruppe will mögliche Fehler bei Jugendamt und Gericht aufklären

Im Fall aus Südbaden hatte es offenbar Versäumnisse bei Jugendamt und Familiengericht gegeben. Diese hatten dazu geführt, dass der Junge weiter bei seinem einschlägig vorbestraften Stiefvater leben musste. Das Land hat hierzu bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die alle Fehler aufklären soll. Der Mann soll ihn zusammen mit der Mutter über zwei Jahre hinweg regelmäßig missbraucht und im Internet Pädophilen angeboten haben.

Gleichzeitig sollen auch Kinder früher lernen, dass sie das Recht haben, Nein zu sagen, findet Weißer-Ring-Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer. Viele glauben, was im eigenen Zuhause in der Familie passiert, geht Außenstehende nichts an. Aus Biwers Sicht ist das eine fatale Fehleinschätzung und kann dramatische Konsequenzen nach sich ziehen.

Bundeskriminalamt fordert Vorratsdatenspeicherung

Weitere Forderungen kommen vom Bundeskriminalamt. Die Ermittler wollen sich nach dem Freiburger Gerichtsurteil für eine Vorratsdatenspeicherung stark machen, sagte BKA-Präsident Holger Münch am Mittwoch (08.08.2018) in einem Zeitungsinterview. Jeden Tag gehen bei ihnen bereits Hinweise auf den sexuellen Missbrauch von Kindern ein. Darunter müssen die Beamten auch Fotos und Videos auswerten, auf denen Unbekannte Minderjährige oder sogar Babys missbrauchen. In vielen Fällen sei die IP-Adresse des Nutzers der einzige Hinweis auf die Täter.

Einen anderen Ansatz wählt Kriminalpsychologin Lydia Benecke. Sie macht Rollenklischees in der Gesellschaft mit dafür verantwortlich, dass Frauen als Sexualstraftäterinnen nur schwer erkannt werden. Weil die meisten Menschen Frauen eher Wesenszüge wie "hilfsbereit", "schwach" oder "mütterlich" zuordnen, werden meist eher Männer für entsprechende Täter gehalten.

Das Freiburger Landgericht hat die 48-jährige Mutter des missbrauchten Jungen am Dienstag (07.08.2018) zu zwölfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr Lebensgefährte hat als mutmaßlicher Drahtzieher des aufgedeckten Pädophilenrings eine Strafe von zwölf Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung erhalten.

(fw)

 

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