Nacktwandern entwickelt sich zum Freizeit-Trend – auch bei uns im Schwarzwald?

Wanderstiefel geschnürt und Rucksack aufgesetzt - mehr braucht es dann auch nicht

Dass die Deutschen für ihren FKK gerne die Hüllen fallen lassen, das dürfte sich inzwischen weltweit herumgesprochen haben. Eine etwas aktivere Variante der kleiderlosen Körperkultur scheint sich aber gerade bundesweit 2019 als Freizeittrend durchzusetzen.

Bereits seit vielen Jahren verbinden eingefleischte "Naturisten", wie sich die Anhänger selbst nennen, ein ziemlich beliebtes Hobby mit dem Nacktsein: Und zwar das Wandern.

FKK-Variante mit intensiverem Natur-Erlebnis

Bisher gibt es in ganz Deutschland nur zwei offizielle Naturisten-Wanderwege, wo das Nacktwandern völlig normal und auch erlaubt ist. Der eine davon lässt sich im Harz finden, der andere auf der Lüneburger Heide.

Hier haben die hüllenlosen Spaziergänger Vorrang vor ihren angezogenen Zeitgenossen. Hinweisschilder und Absperrbänder machen deutlich: Der nackte Körper gehört hier zum alltäglichen Anblick, mit dem auch Passanten rechnen müssen.

Nacktwandern, Naturisten, Wanderung, © Matthias Bein - dpa (Symbolbild)

Doch auch abseits davon verabreden sich tausende Menschen regelmäßig zu Nacktwander-Trips - wie wir bei unseren Recherchen herausgefunden haben, auch immer öfter im Schwarzwald. Über spezielle Internetforen und andere Plattformen nehmen die Freiluft-Fans wie die 31-jährige Annika dabei Kontakt zueinander auf und verabreden sich zu gemeinsamen Touren.

Die Familie der jungen Frau, die in Freiburg studiert hat und inzwischen woanders lebt, weiß bisher nichts von ihrem außergewöhnlichen Hobby, ihren vollen Namen möchte sie uns deshalb zu dem Thema lieber nicht verraten. Doch die Faszination ist für sie im Grunde die gleiche wie beim FKK, nur intensiver, betont sie. Um sexuelle Dinge geht es dabei ausdrücklich nicht, sagt sie im baden.fm-Interview:

Also ich bin keine Exhibitionistin. Mir ist es wichtig, bei den Wanderungen nicht von Menschen gesehen zu werden, die vielleicht keinen dazu keinen Bezug haben. Aber uns geht es vor allem um das gesteigerte Natur-Erlebnis. Die Sonne beim Laufen auf der Haut zu spüren, den Wind. Und die Natur so zu erkunden, wie sie uns geschaffen hat.

Doch kommt der vermeintliche Trend auch in der Breite bei uns im Schwarzwald und am Oberrhein an? Dazu haben wir die Hochschwarzwald Tourismus GmbH in Hinterzarten und die Schwarzwald Tourismus GmbH in Freiburg befragt. Beide können aus dem Stehgreif keinen einzigen Fall nennen, in denen sich Urlaubsgäste konkret nach Nacktwanderungen erkundigt haben.

Tourismus-Verbände sehen bisher keine besondere Nachfrage im Schwarzwald

Man müsse nicht auf jede Welle aufspringen, nur um sich nach den neuesten Trends zu richten, findet Schwarzwald-Tourismus-Chef Hansjörg Mair. Die Region biete bereits so viele andere Reize, dass ein eigener Naturisten-Wanderweg aus seiner Sicht in Südbaden aktuell nicht in Frage kommt.

Dieser Einschätzung schließt sich Hochschwarzwald-Tourismus-Sprecher Herbert Kreuz an. Professionell organisierte Angebote gibt es dort ebenfalls keine und werden bisher auch nicht nachgefragt.

Schwarzwald-Tourismus-Geschäftsführer Hansjörg Mair kann sich ausgewiesene Nacktwanderwege in der Region aktuell nicht vorstellen

Tatsächlich dürfte das am Ende auch mit rechtlichen Hürden zusammenhängen: Streng genommen bewegen sich die bisherigen Nacktwanderer oft in einer Grauzone.

Begegnen sie auf ihren Ausflügen anderen Spaziergängern, die sich von den nackten Körpern gestört fühlen, kann ihnen bei einer Anzeige eine Geldstrafe drohen. Möglich macht es Paragraf 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes: Dort ist die Rede von "Belästigung der Allgemeinheit", früher auch bekannt als "grober Unfug".

So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe bereits 2004 einen notorischen Nacktjogger aus Freiburg zu 600 Euro Strafe verurteilt. Der damals 55-jährige Psychologe war nur mit Turnschuhen und Socken begleitet durch ein Naherholungsgebiet gejoggt, bis die Polizei ihn mitnahm. Der Fall hatte damals bundesweite Beachtung gefunden.

Nackt in der Öffentlichkeit - Geldstrafen möglich

Um das zu verhindern, laufen in größeren privaten Naturisten-Gruppen oft angezogene "Aufpasser" vorweg, die mögliche andere Wanderer vorwarnen können oder zumindest das Geschehen im Gespräch einordnen können. Tatsächlich reagieren die meisten zufälligen Augenzeugen ziemlich interessiert und auch offen, berichtet Annika.

In den vier Jahren, in denen sie bereits zu Nacktwanderungen aufbricht, habe es kein einziges Mal in ihrer Gruppe Probleme gegeben. Natürlich suchen sich die Teilnehmer vorher extra Strecken raus, die abseits von befahrenen Straßen, Siedlungen oder anderen stark genutzten Wanderrouten liegen:

Je tiefer in der Natur draußen und je weiter Weg von anderen Menschen, desto besser.

(fw)