Kliniken in Südbaden sehen sich auf möglichen Corona-Virus-Ausbruch vorbereitet

In ganz Baden-Württemberg haben die großen Gesundheitseinrichtungen erste Vorbereitungen getroffen

Die meisten Krankenhäuser in Südbaden sehen sich auf einen möglichen Ausbruch des neuen Corona-Virus aus China gut vorbereitet. Das ist das Ergebnis von baden.fm-Anfragen am Montag (27.01.2020) an unterschiedliche Kliniken in der Region.

So spricht Virologe Prof. Dr. Marcus Panning vom Universitätsklinikum Freiburg zwar davon, dass sich viele Gesundheitseinrichtungen in ganz Deutschland gerade in erhöhter Alarmbereitschaft befinden. Tatsächlich sollte die Lage zwar ernst genommen, aber nicht dramatisiert werden. Das Risiko für einen Ausbruch des Virus in Deutschland stuft er grundsätzlich als gering ein.

Bisher kein einziger Corona-Fall in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg gibt es bisher keinen einzigen bestätigten Fall, das betont auch Sozialminister Manne Lucha (Grüne) noch einmal. Sein Ministerium geht aktuell vorsorglich auf einige Reiserückkehrer zu, um ihre Gesundheit zu überprüfen. Alle Ergebnisse der Proben, die daraus bei dem nationalen Speziallabor in Berlin eingegangen sind, waren bisher negativ.

Immer wieder treten im Laufe der Jahre nach Erkenntnis der Forscher ähnliche neue Erreger auf. So handelt es sich bei der Lungenkrankheit SARS, die 2002 erstmals im Süden Chinas beobachtet wurde, ebenfalls um ein bestimmtes Corona-Virus. Rund zehn Jahre später hatte sich die Corona-Unterart MERS im arabischen und asiatisch-pazifischen Raum ausgebreitet.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Erreger auch im aktuellen Fall von Tieren auf den Menschen übergesprungen sind - wie genau, das ist momentan noch nicht abschließend erforscht.

Enge Abstimmung mit Experten vom Robert-Koch-Institut

Auch das Ortenau Klinikum mit seinen acht Standorten von Ettenheim bis Achern sieht sich grundsätzlich auf solche Infektionskrankheiten vorbereitet. Ein Sprecher verweist im Gespräch mit baden.fm auf die bestehenden Pandemiepläne, die bereits im Vorfeld in Absprache mit den Gesundheitsbehörden ausgearbeitet wurden. Diese umfassen für den Ernstfall auch mögliche Quarantänemaßnahmen, wie einzelne Isolationszimmer oder die komplette Isolation einzelner Klinikbereiche für die Behandlung möglicher hochansteckender Patienten. Das Krankenhaus verfolge die Informationen des bundesweiten Robert-Koch-Instituts im Moment sehr genau. Als konkrete Vorbereitung auf die neue Corona-Unterart überprüfen die Mitarbeiter des Ortenau Klinikums beispielsweise gerade den Bestand an Mundschutzen und anderem wichtigen Material.

Ärzte machen sich mehr Sorgen über die klassische Grippe

Ähnlich bewerten auch die Kliniken des Landkreises Lörrach die Lage. Auch hier sehen die Experten den engen Kontakt mit den Medizinern des Robert-Koch-Instituts als wichtigsten Faktor an. Für den Ernstfall gibt es zusätzliche Schulungen in verschiedenen Bereichen des Klinikalltags wie der Notfallmedizin und der Hygiene. Insgesamt, so betont eine Sprecherin, kann man hierzulande die Ausbreitung des Influenza-Virus, also der klassischen Grippe, bisher als besorgniserregender ansehen als mögliche Einzelausbrüche des neuen Corona-Erregers. Zum Vergleich: Allein durch die Grippewelle 2017/2018 sind damals mehr als 25.000 Menschen weltweit ums Leben gekommen.

Zusammen mit dem Sozialministerium und der Landesärztekammer haben auch die Flughäfen und großen Bahnhöfe im Südwesten eine gemeinsame Strategie erarbeitet, wie sie mit Reiserückkehrern umgehen können, die den Erreger möglicherweise in sich tragen könnten.

Passagiere auf dem Euroairport Basel-Mulhouse berichten jedenfalls, dass ihnen keine Einschränkungen aufgrund der Krankheit aufgefallen seien. ""Weder Kontrollen, noch sonstwas - nicht einmal Hinweisschilder. Es läuft auch keiner mit Maske rum", so ein Fluggast.

Alle Hintergrundinfos zum neuen Corona-Virus:

  • Was ist das für ein Virus? Allgemein kann man das Corona-Virus als Lungenkrankheit bezeichnen. Bekannt sind die Erreger den Forschern bereits seit den 1960er-Jahren. Es gibt hunderte verschiedene Arten des Virus, zu denen auch SARS (Severe acute respiratory syndrome) und MERS (Middle east Respiratory Syndrome) zählen. Sie können durch Vermehrung, sowie durch Veränderung ihres Erbgutes auch von Tieren auf den Menschen übergehen
  • Woher kommt das Virus? Vermutlich ist genau so eine Übertragung von Tieren auf den Menschen in China passiert. Wissenschaftler gehen dort davon aus, dass sich die ersten Erkrankten im Dezember auf einem Tiermarkt in der 8-Millionen-Einwohner-Metropole Wuhan angesteckt haben. Es gibt Hinweise darauf, dass der Erregung ursprünglich von Schlangen oder Fledermäusen stammt. Der Handel mit Wildtieren wurde in China mittlerweile verboten.
  • Wie wird es übertragen? Die Inkubationszeit (also die Zeit zwischen der Ansteckung und den ersten Krankheitserscheinungen) beträgt für Coronaviren meist zehn Tage. Infizierte sind in dieser Zeit bereits ansteckend. Das Virus kann dabei von Mensch zu Mensch übertragen werden. Ganz genau wissen die Mediziner zwar noch nicht, wie die Infektion stattfindet. Bei Coronaviren handelt es sich aber meistens um eine Schmier- und Tröpfcheninfektion: Das kann zum Beispiel das Einatmen von Erregern in der Luft nach dem Husten von Infizierten beinhalten. Aber auch, wer in seine Hand niest und damit anschließend etwas anfasst, kann das Virus damit weitergeben. Trotzdem muss das nicht bedeuten, dass sich jeder, der Straßenbahn fährt oder viele Hände schüttelt, auch ansteckt. Wichtig ist eine gründliche Hygiene mit regelmäßigem Händewaschen.
  • Wie viele Fälle gibt es bereits? Weltweit wurden bis Montagabend rund 2700 Infektionen nachweislich bestätigt. Außerhalb von China sind lediglich 50 Menschen nachweislich infiziert, darunter befinden sich auch drei Patienten in Frankreich, die nach Medienangaben bisher aber keine schweren Symptome zeigen. Alle drei hatten zuvor China besucht. Die Zahl der Verdachtsfälle ist hingegen weltweit deutlich höher.
  • Wie äußert es sich? Erste Symptome können sich in einer milden Erkältung äußern. Tückisch ist in diesem Fall, dass anders als bei ähnlichen Lungenkrankheiten die oberen Atemwege kaum betroffen sind. Anstatt Schnupfen und Husten bekommen Erkrankte oft einfach Fieber und haben ein erhöhtes Risiko für gefährliche Lungenentzündungen. Von den Infektionen, die am Ende tödlich verliefen, traten die meisten bei älteren Patienten auf oder solchen mit Grunderkrankungen.
  • Wie lässt sich die Krankheit behandeln? Bisher gibt es kein zugelassenes Medikament, das gegen das Virus wirkt. Die Behandlung richtet sich daher auf die Symptomatik: Behandelt wird beispielsweise mit der Zugabe von Sauerstoff zur Erleichterung der Atmung oder etwa auch mit Antibiotika gegen bakterielle Begleiterscheinungen. Sobald die Krankheit nachgewiesen wurde, werden Patienten in Quarantäne gesetzt. Auch für die Verdachtsfälle ist eine Isolation von anderen Patienten üblich.

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