Operation, OP, Krankenhaus, Klinik, © Felix Kästle - dpa (Symbolbild)

Geschäftsführer des Ortenau-Klinikums: „Schutzschirm völlig unzureichend“

Klinikchef Christian Keller und Kollegen fühlen sich alleine gelassen

Uneinigkeit herrscht zwischen Politik und Klinikbetreibern über die Unterstützung von Krankenhäusern in Zeiten der Corona-Krise. Den Klinik-Schutzschirm, den die Bundesregierung vergangene Woche beschlossen hat - und der am Sonntag (22. März 2020) nochmals nachgebessert wurde - bezeichnet der Geschäftsführer des Ortenau-Klinikums, Christian Keller, als "völlig unzureichend und bürokratisch." In einem Schreiben wendet sich der Klinikchef nun an Bundestagsabgeordnete im Ortenaukreis - und an die Öffentlichkeit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Wegen der Coronakrise wird kein Haus in die Defizite getrieben“

Den von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vollmundig ("Nicht kleckern, sondern klotzen.") angekündigten Klinik-Schutzschirm in Milliardenhöhe hält Christian Keller für nicht ausreichend, um Kosten und ausbleibende Einnahmen im Zuge der Corona-Krise auszugleichen. Eine Einschätzung, mit der Keller nicht alleine ist. Klinik-Geschäftsführer aus ganz Deutschland kritisieren die Bundesregierung und appellieren an die Abgeordneten ihrer Landkreise.

Klinik-Geschäftsführer Keller: Ohne ein funktionsfähiges Gesundheitswesen werden das Land und die ganze Republik massiven menschlichen, gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Schaden nehmen."

In dem Schreiben schlüsselt der Klinikchef auf, welchen Aufwand die Krankenhäuser betreiben, um der Ausnahmesituation rund um das Coronavirus Herr zu werden. Intensivmedizinische Kapazitäten wurden aufgestockt, personelle und materielle Ressourcen mobilisiert. Ehemalige Beschäftigte würden aus dem Ruhestand geholt. "Stationen sind speziell vorbereitet und ausgestattet worden", so Keller in seinem Schreiben. Zusätzliche Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienste seien im Einsatz, die Urlaubsplanung wurde umgestellt, Mitarbeiter erhielten flächendeckend Schulungen an Beatmungsgeräten. Auch habe man "Beschaffungen von extrem teurer Schutzkleidung oder Desinfektionsmittel für die Krisenzeit in Auftrag gegeben."

Zwei Kliniken geschlossen, um Intensivmedizin aufzustocken

Am Ortenau-Klinikum wurden unter anderem die orthopädische Fachklinik sowie die Klinik für Psychosomatik vollständig geschlossen, um zusätzliches Personal zu mobilisieren - auch zur psychologischen Betreuung der Mitarbeiter, wie Keller betont. "Bei all dem haben wir uns auf die politischen Zusagen und das Versprechen verlassen, dass Krankenhäuser unbeschadet aus der Corona-Krise hervorgehen werden", führt er weiter aus.

An diesem Wochenende wurde der Gesetzesentwurf zu einem Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz bekannt, der dieses Versprechen breche, so der enttäuschte Klinik-Geschäftsführer. Er verweist auf ein vorgeschlagenes Finanzierungskonzept der Deutschen Krankenhausgesellschaft, das auch von den Krankenkassen mitgetragen würde und ein besseres Modell darstelle. Dieses beinhalte:

  • Den vollständigen Ausgleich von Erlöseinbußen und einen Ausgleich der Mehrkosten, ohne spätere Verrechnungen zu Lasten der Kliniken.
  • Ein Aussetzen der bürokratischen Hürden wie Prüfungen des ambulanten Pflegedienstes, der Qualitätsprüfung mit Routinedaten oder Nachweispflichten.
  • Sofortige Abschlagszahlungen und Ausgleiche aller noch offenen Rechnungen durch die Krankenkassen.

Das Ortenau Klinikum mit seinen Beschäftigten werde sich in der aktuellen Notsituation in erster Linie um die Menschen kümmern, für die es um Leben und Tod gehe. "Spannen Sie den angekündigten Schutzschirm für die Kliniken weit auf, im Zweifel lieber etwas weiter", schließt der Chef des Ortenau-Klinikums. "Wir brauchen in der aktuellen Zeit jede freie Minute und jeden Mitarbeiter in den Kliniken für die Bewältigung der Krisensituation und nicht zum Dokumentieren und Belege sammeln."

(br)