DJ, Diskothek, Club, Party, Feiern, Nachtleben, Musik, © Pixabay (Symbolbild)

Clubbetreiber im Südwesten wehren sich gegen Pandemietreiber-Vorwürfe

Die angekündigte landesweite Schließung von Clubs und Diskotheken macht der Branche schwer zu schaffen

Auf die Clubs und Diskotheken in Baden-Württemberg kommt wegen der extrem angespannten Corona-Lage auf den Intensivstationen erneut eine Schließungswelle zu. Entsprechende Pläne hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag (30.11.2021) bereits im Vorfeld des Bund-Länder-Krisengipfels angekündigt.

Für die betroffenen Betreiber bedeutet das erneute Aus, dass immer mehr finanziell mit dem Rücken zu Wand stehen. Die Interessensgemeinschaft Clubkultur Baden-Württemberg zeigt auf der einen Seite großes Verständnis für die Notwendigkeit weiterer Corona-Maßnahmen, um Kontakte zu reduzieren, die Überlastung an den Krankenhäusern wieder verringern zu können und damit auch Leben zu retten. Gleichzeitig bemängelt ihr Sprecher Simon Waldenspuhl aus Freiburg auf baden.fm-Anfrage, dass erneut die Club- und Kulturszene als erstes dafür herhalten muss. Er bezeichnet die Lage aus Sicht der Betreiber als sehr dramatisch.

Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie und beim letzten Lockdown seien die Diskotheken die ersten gewesen, die ihren Betrieb trotz technischer Lüftungen und Hygienekonzepte komplett einstellen mussten und auch von allen Branchen mit am längsten geschlossen blieben, so die Kritik. Und auch nachdem die Politik im Sommer die Maßnahmen wieder gelockert hatte, konnten viele Clubs nicht wieder komplett hochfahren.

Forderung: Diskobetreiber sollen zusätzlich zu den Ausfällen nicht auch noch auf ihren Kosten sitzen bleiben

Die genaue Umsetzung von Hygienevorgaben und deren Kontrolle hätten zu hohen Personalkosten geführt. Gleichzeitig konnten viele Mitarbeiter - besonders im wichtigen Aushilfen-Bereich - kaum gehalten werden, da ihnen in der Zeit während der letzten Schließungen teils nicht einmal die Möglichkeit gegeben werden konnte, in Kurzarbeit über die Runden zu kommen. Inzwischen seien viele Lagerbestände wieder voll, Auftritte gebucht - was nun damit geschehen soll und ob am Ende die Locations auf den Kosten sitzen bleiben müssen, steht alles noch nicht fest.

Eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung möchte die Branche daher zwar mittragen. Dass ihr allerdings der Ruf eines Pandemietreibers nachhängt, möchte die Interessensgemeinschaft nicht auf ihr sitzen lassen. Die jüngsten Aussagen, nach denen Clubs und Diskotheken anhand beispielsweise der Luca-App als besonders häufige Orte von Infektionen ausgemacht wurden, seien noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt, so Waldenspuhl - zumindest habe man davon noch nichts mitgekommen. Dass das letzte Jahr nicht genutzt wurde, um diese Erkenntnisse im Detail zu erarbeiten, bewertet er als sehr schade, weil damit eine andere Argumentationsgrundlage für die neuen Corona-Maßnahmen vorliegen würde.

Verständnis für Kontaktbeschränkungen, aber Schock über drohendes Aus

Auch vor Ort in den Diskos sind viele Betreiber fassungslos über das erneut angekündigte Aus. In Freiburg sagte uns Neko-Mitbetreiber Pino Raia, dass zwar schon erste Mitbewerber wegen der jüngsten 2G-Plus-Regeln und der Maskenpflicht beim Tanzen freiwillig ihren Betrieb eingestellt hätten. Im Neko auf der obersten Etage des Freiburger Bahnhofsturms seien die zusätzlichen Tests für Geimpfte und Genesene aber bei den Besuchern auf vergleichsweise viel Verständnis gestoßen. Raias Forderung deshalb an die Politik:

Ich verstehe es ehrlich gesagt nicht mehr, weil wir 2G-Plus haben: Alle Geimpft, alle Genesen, alle mit Masken. Irgendwie muss man ja die Leute noch motivieren, dass sie sich impfen. Das heißt: Lasst uns arbeiten!

Simon Waldenspuhl von der IG Clubkultur setzt nun vor allen Dingen auf finanzielle Hilfen von Bund und Ländern. Es bräuchte schnelle und unbürokratische Finanzspritzen, um den betroffenen Betrieben weiterhin eine Zukunft zu ermöglichen. Außerdem wäre es aus Sicht der Diskobetreiber wünschenswert, wenn in der neuen Task-Force der Ampel-Regierung auch die Club- und Kulturbranche mit einem Vertreter zu Wort kommen würde.

Baden-Württemberg wird voraussichtlich am kommenden Donnerstag (02.12.2021) im Anschluss an das nächste Spitzengespräch der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem wahrscheinlichen Nachfolger Olaf Scholz umfassende Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschließen, um die vierte Welle damit auszubremsen. Baden-Württembergs Landesvater Kretschmann hatte dazu neben den Clubschließungen auch Geisterspiele im Profisport vor leeren Rängen, die Absage von Weihnachtsmärkten oder ein Ausschankverbot von Alkohol in der Öffentlichkeit angekündigt.

(fw)