Christine Lambrecht, Bundesverteidigungsministerin, Müllheim, Deutsch-Französische Brigade, Soldaten, Bundeswehr, © Philipp von Ditfurth - dpa

Bundesverteidigungsministerin hält Deutsch-Französische Brigade für die Zukunft

Gleichzeitig kündigt die SPD-Politikerin bei ihrem Besuch in Müllheim an, die Ukraine weiter unterstützen zu wollen

Hoher Besuch für die rund 700 stationierten Soldaten der Deutsch-Französischen Brigade am Stabsstandort Müllheim: Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hat am Montag (20.07.2022) im Rahmen ihrer Sommerreise durch die Republik auch einen Halt bei der Robert-Schuman-Kaserne eingelegt.

Dabei ging es ihr nach eigenen Angaben darum, sich bei möglichst unterschiedlichen Teilen der Bundeswehr ein Bild von der Wehrfähigkeit der Truppe zu verschaffen und sowohl mit der Kommandoebene, als auch mit den Soldaten selbst ins Gespräch zu kommen, sagte Lambrecht vor Ort auf baden.fm-Anfrage. In Zeiten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein wichtigeres Anliegen denn je. Tatsächlich dürfte es sich aber gleichzeitig auch um einen Versuch gehandelt haben, das eigene Image nachhaltig aufzubessern:

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht verschafft sich in Müllheim ein Bild von der deutsch-französischen Brigade

Die Ministerin gibt sich vor aber auch abseits der Kameras als aufmerksame Zuhörerin und Kümmerin. Für das geplante Sechs-Augen-Gespräch mit dem französischen Brigadegeneral Jean Philippe Leroux und seinem deutschen Stellvertreter Oberst Philipp Leyde nimmt sich Lambrecht deutlich mehr Zeit als die im Protokoll eingeplanten fünfzehn Minuten.

Und zum eigentlichen Kern ihres Besuchs im Dreiländereck wird der direkte und nicht-öffentliche Austausch mit den deutschen Soldaten des in Müllheim stationierten Versorgungsbataillons. Diese stellen selbst aktuell eine ganz andere öffentliche Wahrnehmung und sogar Anerkennung fest, wenn sie sich in Uniform in der Öffentlichkeit bewegen.

Während bei Bahnfahrten früher Pöbeleien und sogar Spuckattacken zum Alltag dazugehörten, werde den meisten Soldaten inzwischen wieder ein großer Respekt entgegengebracht, berichtet Oberstleutnant Christian Stahl gegenüber baden.fm. Dass er bei einem Cafébesuch wegen seiner Berufswahl von den Betreibern auf eine Cola eingeladen werde, das hätte es früher kaum noch gegeben.

Vorführung mit Hindernissen - die bewältigt werden

Die Truppe hatten Lambrecht zuvor die Vorteile und Herausforderungen der täglichen deutsch-französischen Zusammenarbeit mit Hilfe von schwerem Gerät am praktischen Beispiel vorgeführt: Innerhalb weniger Minuten sollte zunächst ein französisches Einsatzfahrzeug einen deutschen Militärlaster abschleppen, im Anschluss ein deutscher Abschlepper einen französischen Lastwagen.

Das ist so auch Teil der Ausbildung, dass die Soldaten jeweils an den Gerätschaften der anderen Nation geschult werden und wie sich beide aufeinander abstimmen lassen. Die Hürde liegt dabei nicht nur in der Sprachbarriere innerhalb der Truppe, die es zu überwinden gilt, sondern auch in den ansonsten normalerweise völlig unterschiedlichen Abläufen und technischen Gegebenheiten.

Dass Versuch Nummer Eins zunächst mit stotterndem Motor des tonnenschweren Renaults scheitert, werten alle Beteiligten als Vorführeffekt. Die Fahrzeuge schnell getauscht, hängt der LKW in Tarnfarben nach nur wenigen Handgriffen schließlich an der Kette und kann mühelos abtransportiert werden.

Lambrecht hat viel Lob mit im Gepäck

Beeindruckend - so am Ende das Fazit von Lambrecht. Überhaupt stellt sie der insgesamt 5.000 Mann starken Deutsch-Französischen Brigade mit ihren verschiedenen Standorten und Einzelabteilungen ein positives Zeugnis aus: Das sei die Zukunft, sagte die SPD-Politikerin und kündigte an, dass sie die Möglichkeiten binationaler Militär-Zusammenarbeit künftig stärker nutzen möchte. Ein Gespräch mit Lambrechts Amtskollegen Sébastien Lecornu in Frankreich soll schon in Kürze ausloten, welche Möglichkeiten es dafür gibt.

Nicht ganz so positiv nehmen hingegen Aktivisten wie die des Friedensrats Markgräflerland die Rolle der Deutsch-Französischen Brigade wahr. Sie hatten den Besuch der Bundesverteidigungsministerin im Vorfeld zum Anlass für einen öffentlichen Brief genommen, in dem sie die Brigade nicht als Symbol des Friedens, sondern als eines des Krieges bezeichnen. Von Lambrecht fordern sie statt militärischer Ansätze viel mehr zivile Lösungsvorschläge zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine.

Die Deutsch-Französische Brigade gibt es bereits seit über 33 Jahren. Sie ist führender Bestandteil der internationalen schnellen Eingreiftruppe der NATO und hatte neben Ausbildungs- und Aufklärungsmissionen in Mali und anderen westafrikanischen Ländern auch umfassende Erfahrungen in Afghanistan, sowie früher auch im Kosovo gesammelt.

Brigade bildet ukrainische Truppen an neuem Artilleriegerät aus

Zu ihr gehört neben dem Stab in Müllheim auch das Artilleriebataillon 295 in Stetten am kalten Markt im Kreis Sigmaringen. Dorthin hat sich Lambrecht direkt im Anschluss an ihren Besuch in Baden per Luftwaffe-Helikopter begeben. In Stetten hatten die Truppen mit ihrer Expertise zuletzt ein Kernstück zur Ausbildung ukrainischer Soldaten am Artilleriesystem Panzerhaubitze 2000 beigetragen, das unter anderem Deutschland in die umkämpfte Ukraine geliefert hatte.

Lambrecht betonte bereits am Vormittag in Müllheim, dass Deutschland der Ukraine weiter militärisch zur Seite stehen wolle und sich das Land auf weitere Unterstützung verlassen könne. Gleichzeitig betonte die Verteidigungsministerin, dass die Bundeswehr nicht mehr viel abgeben könnte.

Mit dem beschlossenen Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für den Wehretat sollten nun Lücken geschlossen werden. Beim Kauf von Waffensystemen macht es auch Lambrechts Sicht Sinn, sich innerhalb der Europäischen Union und der Nato abzustimmen.

(fw) / dpa