Sozialministerium, Gesundheitsministerium, Gesundheitsminister, Sozialminister, Baden-Württemberg, Manne Lucha, © Bernd Weißbrod - dpa (Archivbild)

Gesundheitsminister möchte Pandemie Ende April für beendet erklären

Bis vor Kurzem hatte die Landesregierung noch gewünscht, dass die Schutzmaßnahmen verlängert werden würden

Nach über zwei Jahren drängt die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg nun öffentlich darauf, die Coronavirus-Pandemie bald offiziell für beendet zu erklären. In einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sein Landeskollege Manne Lucha (GRÜNE) nun am Donnerstag (24.03.2022) gefordert, der Bund solle ab Ende April den Wechsel von der pandemischen Phase in die so genannte endemische einläuten. Dann wäre auch die Saison der Atemwegserkrankungen vorerst vorüber.

Eine solche Entscheidung hätte weitreichende Folgen: Das Coronavirus würde dann ähnlich wie das Grippevirus eingestuft. Es gäbe praktisch keine vorgeschriebenen Tests mehr und für positiv Getestete oder Erkrankte keine Quarantäne mehr. Schon jetzt fährt außerdem der Südwesten sein landesweites Impfangebot wegen fehlender Nachfrage ab Ende nächster Woche massiv herunter. Viele Impfstützpunkte und Teststellen, die bisher das Land betrieben hatte, stellen dann ihren Betrieb ein oder weichen wie in Freiburg auf mobile Angebote aus.

Lucha will den Umgang mit dem Virus damit auch stärker in die Eigenverantwortung jedes einzelnen Bürgers legen. Wegen der raschen Ausbreitungsrate der Omikron-Variante hätten die Gesundheitsämter zuletzt ohnehin kaum noch Einfluss auf das Ausbruchsgeschehen gehabt. In Zukunft will das Land über die Meldedaten der Ärzte einen Blick auf die Infektionslage behalten. Für Erkrankte fordert der Gesundheitsminister, dass sie möglichst weiter zuhause bleiben sollen.

Kretschmann distanziert sich von der Aufforderung seines Gesundheitsministers

Die Aufforderung an den Bund hat bei vielen für große Verwunderung gesorgt. Die FDP beispielsweise begrüßt den Vorstoß, fragt aber nach dem Grund des plötzlichen Gesinnungswandels. Bis zuletzt hatten Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Kabinett betont, dass die Pandemie noch nicht zu Ende sei. Der Landesvater war verärgert darüber, dass trotz nie dagewesener Höchstwerte bei den Neuinfektionen die Ampel-Bundesregierung fast alle Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus auslaufen lassen will.

In einer ersten Stellungnahme hat sich Kretschmann von dem Schreiben seines Ministers distanziert. Nach Auskunft eines Regierungssprechers sei der Brief an Lauterbach nicht mit dem Ministerpräsidenten abgestimmt gewesen. Daraufhin ist auch Lucha wieder ein Stück weit zurückgerudert, nachdem er Druck aus der grün-schwarzen Koalition bekommen hatte.

Zuletzt lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Südwesten bei über 1.900. Mehrere Landkreise in Baden liegen sogar weit über einem Wert von 2.200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern. Rechnet man die Ansteckungen auf das gesamte Land hoch, so stecken sich jeden Tag aktuell mehr als 40.000 Menschen neu mit dem Erreger an.

(fw) / dpa