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Am Dietenbach soll Freiburgs neuer Stadtteil entstehen

Neuer Wohnraum in Freiburg so dringend benötigt, wie nie zuvor

Es soll eines der größten Bauprojekte in der Freiburger Nachkriegsgeschichte werden: Um gerade Familien und ärmeren Menschen mehr bezahlbare Wohnungen zu bieten, soll im Breisgau bereits in den nächsten Jahren ein neuer Stadtteil für mehr als 11.500 Einwohner und 5000 Wohneinheiten entstehen. Die beiden Favoritenstandorte dafür waren eine Fläche westlich von St. Georgen und das Dietenbach-Ackerland zwischen dem Autobahnzubringer und dem Rieselfeld. Beide Gelände hat die Stadt in den letzten zwei Jahren akribisch geprüft und kommt mit den Gutachten jetzt zu dem Ergebnis: Der neue Stadtteil soll am Dietenbach entstehen.

 

 

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Situation in St. Georgen-West ist kompliziert

Baubürgermeister Martin Haag: So will die Stadt sicherstellen, dass die neuen Wohnungen auch bezahlbar werden

Zu dieser Entscheidung war es gekommen, weil beim Konkurrenten St. Georgen-West gleich mehrere KO-Kriterien aufgetaucht waren. So ist das Gelände durch die vorhandenen Straßen bereits so zersiedelt, dass die Planer Häuser und Grünfläche quasi mühsam und teuer außenherum entwerfen müssten. Hauptproblem wäre aber vor allem eine neu eingeplante Grünzäsur auf dem Gelände. Die soll Tiere und Pflanzen am Fuße des Schönbergs einen größeren natürlich Rückzugsraum geben. Gleichzeitig darf die Stadt damit aber einen Großteil der eigentlichen Fläche von St. Georgen-West aus Naturschutzgründen nicht mehr bebauen.

 

Umweltschutz lässt nutzbare Fläche bei St. Georgen-West schrumpfen

Die Folge: Anstatt 5000 dringend benötigten Wohnungen könnte die Stadt dort am Ende nur maximal 1450 errichten - die wirklich nutzbare Restfläche wäre nämlich nur ein Drittel so groß, wie ursprünglich geplant. Hinzu kommt die Frage, was mit den Landwirten und ihren Höfen passiert wäre, die das Gelände bisher nutzen. Außerdem hatte die Gemeinde Schallstadt befürchtet, dass viele Menschen zum Arbeiten und Einkaufen durch die plötzliche Nähe eines neuen Freiburger Stadtteils noch stärker abwandern könnten, sagte uns Oberbürgermeister Salomon.

 

Oberbürgermeister Dieter Salomon: Jeder mögliche Standort in Freiburg bringt Probleme mit sich

 

Der von ehemaligen Stadtplanungsexperten in die Debatte eingebrachte Vorschlag, einfach das städtische Naturschutzgebiet über dem Rieselfeld für den neuen Stadtteil zu verwernden, kommt für ihn grundsätzlich nicht in Frage. Auf der ehemaligen Abwasser-Berieselungsfläche sind nach Informationen der Behörden inzwischen über 40 Tier- und Pflanzenarten heimisch, die sonst auf der roten Liste der bedrohten Arten stehen - und zwar deutlich mehr von ihnen, als noch bei der Einrichtung des Gebiets vor rund 20 Jahren.

 

Es kann im Extremfall zu Enteignungen kommen

Die Stadt hat in den letzten Wochen deshalb nun erneut Kontakt mit den Grundstückeigentümern am Dietenbach aufgenommen und ihre so genannte Mitwirkungsbereitschaft abgefragt - also, ob sie bereit wären, bei Bedarf zu verkaufen. Die Ergebnisse dieser Befragung stehen noch aus. Insgesamt ist die Stadt aber zuversichtlich, auf weniger Widerstand zu stoßen als bei St. Georgen-West. Und das ist nicht selbstverständlich: Denn auch am Standort Dietenbach gleicht das Gelände eigentlich einem Flickenteppich: Über 380 unterschiedlichen Eigentümern gehört hier das Land - die meisten von ihnen sind Landwirte, die hier ihre Äcker bestellen. Die Stadt bietet ihnen bis zu 15 Euro pro Quadratmeter, in Einzelfällen sollen sogar noch Zuschläge möglich sein, ergänzt Baudezernent Martin Haag im baden.fm-Interview - üblich seien für Ackerflächen normalerweise sonst eher Preis um die 3 Euro. Trotzdem stellt sich das Rathaus auch darauf ein, im Extremfall einzelne Grundstückseigentümer enteignen zu müssen. Die Stadt prüft bereits entsprechende harte Schritte als letztes Mittel einzusetzen, falls mit einzelnen Verhandlungspartnern keine Einigung erzielt werden kann und das Projekt sonst zu scheitern drohen würde.

 

 

Oberbürgermeister Dieter Salomon: Es soll einen hohen Prozentsatz mit sozialem Wohnungsbau geben

Eine der größten offenen Fragen war am Standort Dietenbach bisher das Thema Hochwasser: Hier haben sich die Planer jetzt eine Doppellösung ausgedacht. Um zu verhindern, dass der namensgebende Dietenbach den neuen Stadtteil direkt beim erstbesten Regen unter Wasser setzt, wollen sie Bach breiter und tiefer machen, sowie weiter oberhalb Rückhaltebecken schaffen. Eine breitere unbebaute Auenlandschaft am Flussbett dient dabei als Auffangmöglichkeit. Gleichzeitig kann dann an speziellen Brücken im Stadtteil der Wasserfluss im Ernstfall kontrolliert werden. Mit diesen Ideen möchte die Stadt nun versuchen, eine Ausnahmegenehmigung einzuholen.

 

 

 

Währenddessen steht auch schon immer stärker fest, wie der neue Stadtteil aussehen soll. Stadtplaner, Architekten, Ingenieure und Behörden orientieren sich stark an den jüngsten Neubau-Stadtteilen Vauban und Rieselfeld. Das soll sich einerseits im grundsätzlichen Aufbau des Stadtteils wiederspiegeln, andererseits auch im technischen Know-How. Angebunden könnte der neue Stadtteil dann über die Paduaalle und Lehen, sowie eine Straßenbahnverlängerung über das Rieselfeld hinaus werden.

 

Baubürgermeister Martin Haag: Freiburg profitiert vom Wissen der beiden Stadtteile Rieselfeld und Vauban

Am 19. Mai soll jetzt der Freiburger Gemeinderat über die weiteren Planungen entscheiden. Salomon ist sich dabei nach eigener Aussage schon jetzt sicher, dass das Projekt am Dietenbach wohl eine breite Zustimmung erhalten wird. Einen entgültigen Beschluss über den Bau des neuen Stadtteils könnte es dann im Früjahr 2016 geben und bis Mitte des nächsten Jahres könnte der öffentliche Wettbewerb für Architekten und Co. ausgeschrieben werden. Ziel ist es aktuell, bis 2020 die Bagger anrollen zu lassen - keine drei Jahre später könnten dann bereits die meisten Dietenbacher in ihre Wohnungen einziehen.

 

Die Zeit dabei eilt, denn schon heute wird die Suche nach bezahlbaren Wohnungen im gesamten Freiburger Stadtgebiet immer schwieriger.