St. Jofefskrankenhaus, Freiburg, Coronavirus, Transparent, © Netzwerk Solidarisches Gesundheitswesen

Aktivisten in Freiburg kritisieren Versäumnisse beim Gesundheitssystem

Kritik: Den Beschäftigen in den Krankenhäusern nur zu applaudieren reicht nicht aus

Über eine Protestaktion mit Transparenten vor den Freiburger Kliniken fordern Unterstützer des "Netzwerks solidarisches Gesundheitswesen" seit Montag (06.04.2020) fairere Regeln im Gesundheitssystem nach dem Ende der Coronavirus-Pandemie. Die Aktivisten haben an verschiedenen Krankenhaus-Standorten im Stadtgebiet Banner aufgehängt, die auf mutmaßliche Missstände bei der Personalpolitik und bei der Privatisierung von Kliniken hinweisen sollen.

Dabei geht es ihnen konkret um einen massiven Mangel an Pflegekräften, der in vielen Gesundheitszentren vorherrschen soll. Verantwortlich machen sie dafür die bundesweite, politische Entwicklung, dass Krankenhäuser immer stärker auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet und aus der öffentlichen Hand hin zu privaten Anbietern gegeben wurden. Der Sprecher des Netzwerkes, Paul Brettel kritisiert:

Die Gesundheitsversorgung sollte Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein und niemand sollte mit ihr Profit erwirtschaften können.

Durch die private Trägerschaft in der Gesundheitsversorgung, Pharmaindustrie und Medizingeräteproduktion mache sich die Gesellschaft seiner Auffassung nach erpressbar. Das würden die aktuellen Preisexplosionen und Lieferengpässe bei Schutzbekleidung und wichtigen Medikamenten wie Narkosemittel für die Intensivstationen momentan deutlich machen. Die Aktivisten fordern deshalb, dass Krankenhäuser und die Produktion medizinisch notwendiger Güter auch staatlich organisiert und demokratisch kontrolliert werden müssten.

Risikozuschlag beim Gehalt für Klinikmitarbeiter gefordert

Mit Blick auf den bevorstehenden Höhepunkt der ersten Covid-19-Infektionswelle in Südbaden geht es ihnen außerdem darum, die vorhandenen Krankenhausmitarbeiter in der Region so gut es nur geht zu entlasten. Dafür fordert das Netzwerk eine Stärkung und Einhaltung der geltenden Sicherheits- und Hygienestandards an den Kliniken und Pflegeheimen, dass sich nicht noch mehr Arbeit auf noch weniger Schultern verteilt und einen finanziellen Risikozuschlag für das gesamte medizinische Personal. Schon im Normalbetrieb seien viele Kliniken unterbesetzt und teilweise auch in versorgungsrelevanten Bereichen nicht ausreichen finanziert, so die Kritik.

Und auch ein weiteres Thema bewegt die Unterstützer des Netzwerks: Die sprechen sich dagegen aus, dass geflüchtete Menschen während der Pandemie weiterhin in Massenunterkünfte wie in den Erstaufnahmestellen untergebracht werden. Stattdessen kommt nun der Vorschlag, Flüchtlinge stattdessen vorübergehend in leerstehenden Ferienwohnungen oder Hotels unterkommen zu lassen, um so auch für einen besseren Infektionsschutz für die betroffenen Menschen zu sorgen.

Gesundheitsministerium rechnet mit Verschärfung der Lage über Ostern

Die grün-schwarze Landesregierung sieht die Krankenhäuser in Baden-Württemberg bislang vergleichsweise gut auf die Pandemie eingestellt. Momentan geht es ihr vor allem darum, bis zu 3800 Beatmungsplätze im Land für schwerstkranke Covid-19-Patienten zu schaffen und auch darüber hinaus genügend weitere Klinikbetten für den Ernstfall bereitzustellen. Gleichzeitig rechnet auch Gesundheitsminister Manne Lucha (GRÜNE) damit, dass bei weiter steigenden Infektionszahlen auch die Mediziner im Südwesten schon bald an ihre Grenzen stoßen könnten.

Das Netzwerk solidarisches Gesundheitswesen versteht sich selbst als Zusammenschluss aus Freiburgern in verschiedenen Gesundheitsberufen, Gewerkschaften, Studierenden und politischen Aktivisten.

(fw)