ADAC, Straßenwacht, Pannenhilfe, Gelbe Engel, © Frank Eppler - ADAC (Symbolbild)

ADAC-Umfrage: Mehr ÖPNV ohne auf das eigene Auto zu verzichten

Der Automobilclub hat Menschen in Baden zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt

Wie ist die Stimmung unter den Verkehrsteilnehmern in Freiburg, Bad Krozingen, Emmendingen und Waldkirch? Welche Entwicklungen wünschen sich die Menschen in der Verkehrspolitik, was denken Sie über ein flächendeckende Tempolimit von 30 Stundenkilometern und wären Sie für den Klimaschutz auch bereit, auf das eigene Auto zu verzichten? Diesen und anderen Fragen ist der ADAC Südbaden bei seiner Mobilitätsumfrage auf den Grund gegangen. Im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz wurden die Ergebnisse am Montag (04.07.2022) präsentiert und diskutiert.

In der Studie, in der der ADAC Südbaden im Winter und Frühjahr diesen Jahres Menschen in den Innenstädten befragte, wie sie zur aktuellen Verkehrspolitik stehen und inwiefern sie bereit wären, auch das eigene Mobilitätsverhalten zu verändern.

Bereit umzusteigen, wenn der ÖPNV zuverlässiger wird

"Ich würde verstärkt auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, wenn dieser preiswerter wäre", war eines der Statements, das die Fragesteller des Automobilklubs bei ihrer Umfrage zu hören bekamen. "Ohne verbesserten Ausbau in Freiburg kann auch kein radikaler Umstieg von Auto auf ÖPNV gefordert werden", ein anderer. Es ist ein hehres Vorhaben, dem sich die Stadt Freiburg in ihrem Klimamobilitätsplan verschrieben hat: Die Menschen sollen das Auto stehen lassen oder sich – sofern möglich – ganz vom eigenen PKW verabschieden. Stattdessen sollen Rad- und Nahverkehr stärker in den Fokus rücken. Was die Menschen in Freiburg, Emmendingen, Bad Krozingen und Waldkirch davon halten wurde in der Umfrage allerdings deutlich: Zwar würden 47 Prozent der Befragten bei entsprechendem Ausbau stärker auf den ÖPNV umsteigen. Auf das eigene Auto verzichten lehnen zwei Drittel jedoch ab – zumal der PKW im Umland das Verkehrsmittel Nummer eins bleibt.

ADAC-Chef Clemens Bieniger nennt als einen der Hauptgründe dafür, dass der öffentliche Personennahverkehr unzuverlässig sei – umso mehr, je weiter man außerhalb der Stadt wohne. "Mit so vielen Verspätungen und Zugausfällen ist es kaum möglich, seine Zielorte pünktlich zu erreichen. Hier muss ganz stark nachgebessert werden", so Bieniger. Auch fänden laut Umfrage viele Menschen in der Region den ÖPNV zu teuer.

Verkehrsmittelverknüpfung heißt das Zauberwort

Einen dringend notwendigen Ausbau attestiert auch Florian Kurt, Leiter Stabsstelle Mobilität Stadt Freiburg und langjähriger Geschäftsführer des RVF, dem Verkehr mit Bussen und Bahnen. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass der RVF zu dem auch die Freiburger Verkehrs AG gehört, mit die günstigsten Tarife deutschlandweit habe. "Die Einnahmen kann man auch leider nicht verringern, wenn man den ÖPNV ausbauen will", so Kurt. Laut Klimamobilitätsplan der Stadt Freiburg sollen vor allem mehr Park-and-Ride-Angebote entstehen, damit die Menschen nicht mit ihren PKW in die Stadt fahren müssen, sondern frühzeitig in Bus und Bahn umsteigen. Verkehrsmittelverknüpfung heißt hier das Zauberwort, mit dem die Stadt dem immer höheren Verkehrsaufkommen in den Ballungsgebieten Herr werden möchte. Kurz: Wer nach Freiburg will fährt mit dem Auto an die Stadtgrenze, steigt von dort in die Straßenbahn um und mietet sich im besten Fall in der Stadt ein Frelo-Leihfahrrad für die kürzeren Strecken. Dieses Konzept soll weiter forciert werden.

Dem viel diskutierten Tempolimit von 30 Stundenkilometern in Ortschaften geben die Befragten eine Absage: 67 Prozent sprachen sich dagegen aus. Eine Variante, bei der auf ausgewählten Hauptverkehrsstraßen Tempo 50 erhalten bliebe – im Prinzip also, wie die aktuelle Verkehrsführung in Freiburg – halten hingegen 53 Prozent der Befragten für sinnvoll.

Zwei Drittel finden Anwohnerparken zu teuer

Ein weiteres Streitthema: Die stark gestiegenen Preise für den Bewohnerparkausweis. Diese erhöhen sich von 40 Euro im Jahr auf 360 Euro. Das finden mehr als zwei Drittel zu viel. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte die Erhöhung jüngst für rechtens. "Bei einem wirtschaftlichen Nutzwert von knapp 1.000 Euro pro Parkplatz erscheint uns dieser Preis auch angemessen", findet Florian Kurt.

Notwendig sei die Verkehrswende in jedem Fall, sind sich Behörden, Rathäuser, Verkehrsbetriebe und auch der ADAC einig. Seit den 2010er-Jahren habe die Kohlendioxidbelastung in den Städten um 13 Prozent zugenommen – trotz gefördertem Radverkehr und ÖPNV. "Die Studie des ADAC sagt uns, dass zwei Drittel der Menschen nicht bereit sind, auf das Auto zu verzichten", sagt Kurt. "Das nehmen wir zur Kenntnis – und dennoch: Ein Weiter so kann es nicht geben." Die Bereitschaft der Menschen zu steigern, auf das Auto zu verzichten müsse man deshalb mit guten Angeboten, aber auch mit moderatem Druck. "Wir müssen die Menschen an die Hand nehmen, denen das Umsteigen möglich ist, die es aber nicht wollen. Und da muss man den Autoverkehr in der Stadt auch unattraktiver machen, sonst kann man die Klimaziele nicht umsetzten. Weder hier, noch in Deutschland und Europa." Dies könne auch so aussehen, dass man in der Stadt nicht unbedingt einen zielnahen Parkplatz bekommt – und nicht zuletzt auch über den Preis.

(br)