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Bergwacht Schwarzwald steht vor großen Geldproblemen

VIDEO: Warum die Bergwacht Schwarzwald vor Geldproblemen steht

Genau 1245 Mal mussten die Retter der Bergwacht Schwarzwald im letzten Jahr ausrücken. Wäre die Wintersaison ein wenig länger gewesen, hätte es für so viele Einsätze gereicht, wie noch nie - sind sich die Einsatzkräfte sicher. So ist es auch diesmal auf den Pisten und Loipen der Wintersportgebiete zu den meisten Unfällen gekommen. Allerdings nehmen die Unglücke weit abseits davon in unwegsamen oder abgelegenen Gebieten immer stärker zu, und das mittlerweile ganzjährig. Grund dafür ist ein komplett verändertes Freizeitverhalten vieler Besucher. Gerade die ältere Generation entdeckt den Schwarzwald mit seinen etlichen Wanderwegen wieder für sich und überschätzt entweder die eigenen körperlichen Fähigkeiten oder unterschätzt die Risiken von Gelände und Wetter. Hinzu kommen immer mehr Sportangebote mit hohem Verletzungsrisiko, wie klassischerweise das Mountainbiken oder die verschiedensten Funsportarten im Winter.

 

 

Entwicklungen, bei denen die Bergwacht in ihrer jetzigen Form wohl langfristig nicht mehr gewachsen ist. Das beginnt schon bei der Struktur: Fast alle Helfer ziehen komplett ehrenamtlich in den Einsatz. In ihren eigentlichen Hauptberufen ernten sie dafür zwar meist großen Respekt und Verständnis von Kollegen und Chefs. Allerdings müssen sie die für einen Einsatz ausgefallene Arbeitszeit meist nacharbeiten. Anders als bei der Feuerwehr gibt es für sie keinen finanziellen Ausgleich dafür. Von rund 1400 Mitgliedern sind an und für sich gut 500 jederzeit für den Notfall abrufbar. Weil gerade im Hochschwarzwald Arbeitsplatz und Einsatzort immer weiter auseinanderliegen, kommt es gerade in kleineren Bezirken manchmal zu Problemen. Außerdem wird die Bergwacht immer öfter alarmiert, wenn gerade kein Krankenwagen für "normale" Einsätze verfügbar ist. Von diesen Unterstützungen sehen die Bergwacht-Freiwilligen am Ende, so wörtlich, keinen müden Cent.

 

Knackpunkt ist und bleibt die gesetzlich geregelte Finanzierung der Bergwacht Schwarzwald: Zusammen mit den Kollegen von der Schwäbischen Alb kommt sie auf Fixkosten von 2 Millionen Euro pro Jahr. Für sie steht jedoch auf der Gegenseite bei der Landesregierung kein vergleichbar festes Budget wie bei den anderen Rettungsdiensten oder Feuerwehren bereit. Die Retter erhalten lediglich einen Zuschuss zu den laufenden Kosten für Ausbildung und Neuinvestitionen von ca. 300.000 Euro. Außerdem können sie pro abtransportiertem Patienten und Einsatz am Ende eine Pauschale von 332 Euro von den Krankenkassen abrechnen, was am Ende auf weitere 500.000 Euro kommt. Bleibt unterm Strich eine Lücke von jährlich 1,2 Millionen Euro, die die Bergwacht bisher nur mit höchter Mühe aus Spendengeldern und über Veranstaltungen finanzieren konnte.

 

 

"Wir haben seit Jahren eine deutliche Unterfinanzierung."

- Frank Kühnel, Landesvorsitzender Bergwacht Schwarzwald

Und dadurch, dass wichtige Investitionen, wie etwa die Sanierung der Stationen und neue Fahrzeuge seit Jahren herausgeschoben wurden, sowie die Einsatzkräfte ihre komplette persönliche Ausrüstung von privatem Geld kaufen müssen. Transportfahrzeuge und die gerade im Winter so dringend benötigten Pistenbullys sind aber schon jetzt technisch veraltet und auch Technik und Gebäude müssen irgendwann erneuert werden, um die Sicherheit zu gewährleisten, heißt es nun von der Bergwacht.

 

Die Verantwortlichen haben jetzt deshalb seit letztem Herbst den Kontakt zu den Geldgebern von Landesregierung und Krankenkassen gesucht. Dabei geht es einerseits um eine neue Struktur der Bergwacht, andererseits aber auch konkret um mehr Geld: Die Landesverbände haben sich ausgerechnet, dass die Pauschale pro Einsatz verdoppelt werden müsste, um alle Kosten zu decken. Außerdem bräuchte es mehrere hunderttausend Euro für die dringend benötigten neuen Rettungsmittel und Fahrzeuge.

 

Landesvorsitzender Frank Kühnel ist zuversichtlich, dass in den nächsten Wochen eine Lösung für die verzwickte Lage gefunden werden kann. Alle Beteiligten hätten den Ernst der Lage erkannt und wollen die Zukunft der Bergwacht Schwarzwald nachhaltig sichern, sagt er uns. Allerdings gibt es noch keine konkreten Zusagen, die Verhandlungen gehen erst noch in die heiße Phase.

 

Sollten die Gespräche scheitern, hat das hingegen auf ange Zeit noch nicht abschätzbare Konsequenzen: Kühnel will nicht ausschließen, dass gerade kleinere Bergwacht-Standorte ihre Aufgaben nicht mehr voll wahrnehmen können. Am Ende würde es dann im Ernstfall wesentlich länger dauern, bis die Bergwacht bei einem Einsatz vor Ort ist. Zeit, die manchmal über Leben und Tod entscheiden kann.

 

Eine Sache räumt der erfahrene Bergwacht-Chef dann aber auch selbst ein: Man habe jahrelang versucht, wenn es an Geld und Ausrüstung gefehlt hat, nicht um Hilfe zu bitten, sondern selbst eine Lösung zu finden. Vielleicht war das ein Fehler, sagt Kühnel.